Gudehus-Brief: Reaktion aus dem Ministerium
11. Juli 2006, 08:43 Uhr | Aktuell
Kurz nach Veröffentlichung ihres offenen Briefs an
Wirtschaftsminister Glos, bekam Juli Gudehus
einen Anruf aus dem Ministerium. Den Verlauf des
halbstündigen Gesprächs mit einem Referenten hat
sie für den Fontblog in einem kurzen
Gedächtnisprotokoll zusammengefasst.
Wenige Tage nach dem Versenden meines Briefs meldete
sich bereits telefonisch der im Ministerium hierfür
zuständige Referent. Er betreut das
Designpreis-Projekt schon seit vielen Jahren. Mit ihm
diskutierte ich ziemlich kontrovers fast eine halbe
Stunde lang, bis ich irgendwann dachte: Wie schade,
dass da jetzt keiner zuhört! Drum fragte ich ihn, ob
er sich eventuell vorstellen könne, die Diskussion
öffentlich zu führen, eine
Podiumsdiskussion. Ja, könnte er.
Nun warte ich erst mal ab, ob und wie sich die
öffentliche Diskussion weiter entwickelt. Vielleicht
geht es – mit Beteiligung des Ministeriums
– weiter
Hier einige interessante Punkte, die während des Telefonats zur Sprache kamen, und die ich gerne öffentlich zur Diskussion stellen würde:
• Der Referent vertrat die Ansicht, von einem Designpreis hätten vor allem die Designer etwas, die Bürger nicht. Wohl wahr. Aber wieviele Leistungen finanziere ich mit meinen Steuern, von denen ich nichts habe?! Wie versteht der Staat und wie verstehen wir dieses Gemeinwesen, deren Teil wir sind? Sollte es nicht darum gehen, dass dieses Gemeinwesen insgesamt funktioniert, dass es stark und lebendig ist? Ich habe kein Problem damit, vieles zu bezahlen, von dem ich nichts habe, das mich nicht interessiert oder worüber ich vielleicht sogar den Kopf schüttele – solange ich den Eindruck habe, dass der Staat im Großen und Ganzen vernünftig haushaltet und seine Maßnahmen ernsthaft durchdenkt.
• Was der Staat darf und nicht darf, soll und nicht soll, wofür er sich zuständig sieht … diese Frage öffnet ein ganz großes Fass. Ein Beispiel, was für mich in die gleiche Kategorie gehört wie dieser windige Designpreis: Warum »verkauft« sich der Staat, indem er während der Renovierung eines seiner Paradebauten, das Brandenburger Tor, eine gigantische Telekom-Werbung zulässt? Warum gibt es im staatlichen Fernsehen Werbung, ... wie steht es mit dem Bildungsauftrag? Wie kann der Staat zulassen, dass Gelder aus der Wirtschaft, die in die Hochschulen fließen, deren Arbeit, Forschungsvorhaben und Bildungsauftrag entsprechend beeinflussen können?
• Warum wird dieser Preis vom Ministerium für Wirtschaft und Technik verliehen, nicht vom »Kulturstaatsminister«? Während des Gesprächs mit dem Referenten keimte in mir die Erkenntnis, dass es sich bei Designern möglicherweise um »Kreative zweiter Klasse« handelt. Das Gegenargument: Künstlerisch Kreative würden keinen Marktwert generieren, kein Geld damit verdienen. Das sehe ich anders. Maler, Komponisten, Schauspieler, Schriftsteller arbeiten alle, um damit – auch – Geld zu verdienen, wobei das Honorargefälle bei diesen sicher vergleichbar ist mit dem unter Gestaltern. Und natürlich hängt an jeder dieser »freieren Kunstsparten« ein Wirtschaftszweig, der jährlich weltweit für Milliardenumsätze sorgt.
• Mich würde außerdem mal eine Offenlegung der Kostenstruktur des Deutschen Designpreises interessieren. Mein Gesprächspartner sagte, der Staat zahle die Hälfte der insgesamt 0,5 Mio. Euro Kosten.
• Was spricht dagegen, diese Summe in ein jährliches Fördergeld umzuwandeln, das ausgewählte Gestalter bekommen, um weitere vielversprechende, nicht beauftragte (Forschungs-)Projekte damit zu finanzieren?
Juli Gudehus
Als bedauerlich empfinde ich im Nachhinein, dass der Referent mich lediglich anrief und nicht schriftlich antwortete. Angerufen zu werden und die Gelegenheit zu haben, Sachverhalte im Dialog zu klären, finde ich ja zunächst mal gut. Der Nachteil ist, dass ich »nichts in der Hand habe«, keine »offizielle Stellungnahme«.
Hier einige interessante Punkte, die während des Telefonats zur Sprache kamen, und die ich gerne öffentlich zur Diskussion stellen würde:
• Der Referent vertrat die Ansicht, von einem Designpreis hätten vor allem die Designer etwas, die Bürger nicht. Wohl wahr. Aber wieviele Leistungen finanziere ich mit meinen Steuern, von denen ich nichts habe?! Wie versteht der Staat und wie verstehen wir dieses Gemeinwesen, deren Teil wir sind? Sollte es nicht darum gehen, dass dieses Gemeinwesen insgesamt funktioniert, dass es stark und lebendig ist? Ich habe kein Problem damit, vieles zu bezahlen, von dem ich nichts habe, das mich nicht interessiert oder worüber ich vielleicht sogar den Kopf schüttele – solange ich den Eindruck habe, dass der Staat im Großen und Ganzen vernünftig haushaltet und seine Maßnahmen ernsthaft durchdenkt.
• Was der Staat darf und nicht darf, soll und nicht soll, wofür er sich zuständig sieht … diese Frage öffnet ein ganz großes Fass. Ein Beispiel, was für mich in die gleiche Kategorie gehört wie dieser windige Designpreis: Warum »verkauft« sich der Staat, indem er während der Renovierung eines seiner Paradebauten, das Brandenburger Tor, eine gigantische Telekom-Werbung zulässt? Warum gibt es im staatlichen Fernsehen Werbung, ... wie steht es mit dem Bildungsauftrag? Wie kann der Staat zulassen, dass Gelder aus der Wirtschaft, die in die Hochschulen fließen, deren Arbeit, Forschungsvorhaben und Bildungsauftrag entsprechend beeinflussen können?
• Warum wird dieser Preis vom Ministerium für Wirtschaft und Technik verliehen, nicht vom »Kulturstaatsminister«? Während des Gesprächs mit dem Referenten keimte in mir die Erkenntnis, dass es sich bei Designern möglicherweise um »Kreative zweiter Klasse« handelt. Das Gegenargument: Künstlerisch Kreative würden keinen Marktwert generieren, kein Geld damit verdienen. Das sehe ich anders. Maler, Komponisten, Schauspieler, Schriftsteller arbeiten alle, um damit – auch – Geld zu verdienen, wobei das Honorargefälle bei diesen sicher vergleichbar ist mit dem unter Gestaltern. Und natürlich hängt an jeder dieser »freieren Kunstsparten« ein Wirtschaftszweig, der jährlich weltweit für Milliardenumsätze sorgt.
• Mich würde außerdem mal eine Offenlegung der Kostenstruktur des Deutschen Designpreises interessieren. Mein Gesprächspartner sagte, der Staat zahle die Hälfte der insgesamt 0,5 Mio. Euro Kosten.
• Was spricht dagegen, diese Summe in ein jährliches Fördergeld umzuwandeln, das ausgewählte Gestalter bekommen, um weitere vielversprechende, nicht beauftragte (Forschungs-)Projekte damit zu finanzieren?
Juli Gudehus
Als bedauerlich empfinde ich im Nachhinein, dass der Referent mich lediglich anrief und nicht schriftlich antwortete. Angerufen zu werden und die Gelegenheit zu haben, Sachverhalte im Dialog zu klären, finde ich ja zunächst mal gut. Der Nachteil ist, dass ich »nichts in der Hand habe«, keine »offizielle Stellungnahme«.
|