Juli Gudehus: Offener Brief an Minister Glos
03. Juli 2006, 14:10 Uhr | Aktuell
Die Berliner Gestalterin,
TYPO-Sprecherin
und FontShop-Beirat-Mitglied Juli
Gudehus
stolpert über die Spielregeln des
Designpreis
der Bundesrepublik Deutschland
2007.
Mit einem offenen Brief an Wirtschaftsminister
Michael Glos (soeben veröffentlicht in
PAGE
8/2006)
versucht sie dem Preis für den Preis auf die
Spuren zu kommen.
Sehr geehrter Herr Minister!
Vielleicht können Sie mir helfen: es gibt da etwas, das ich nicht verstehe. Ich bin nominiert für den Designpreis der Bundesrepublik Deutschland und freue mich riesig – den ›Preis der Preise‹ zu bekommen, das wäre schön! Den Unterlagen entnehme ich aber, dass es 210 € kostet, um am Auswahlverfahren teilnehmen zu können und weitere 2.900 €, wenn ich gewinne. Nun bin ich verwirrt. Preis bekommen oder Preis bezahlen?
Vermutlich schlug eines Tages der Rat für Formgebung Ihrem Vorgänger vor: ›Warum machen wir nicht mal einen Designpreis, das wäre doch prima! Sie sind Schirmherr und wir erledigen die Arbeit. Sie sind froh, weil Sie international mit tollem deutschen Design glänzen können, wir sind froh, weil wir daran Geld verdienen und die Designer und deren Auftraggeber sind froh, weil sie vom Staat für ihre Leistung gelobt werden.‹ Nur ich bin nicht froh. 3.100 € muss man erst einmal verdienen. Oder wurde angenommen, dass ohnehin nur finanzkräftige Designbüros und Auftraggeber teilnehmen würden?
Fast alle Designpreise sind mit hohen Kosten verbunden. Das kann man für die Privatsache der auslobenden Vereine halten – und derer, die da mitmachen. Dass der Staat – und Sie als sein Repräsentant – das aber unbesehen auch noch auf die Spitze treiben, finde ich skandalös. 3.100 € sind meines Wissens hierzulande der höchste Preis für einen Designpreis. Wobei der Preis der Preise, die man vorher bekommen haben muss, um nominiert zu werden, hierin noch gar nicht enthalten ist.
Schauspieler zahlen nicht für den Oscar, Musiker nicht für den Grammy, Wissenschaftler nicht für den Nobelpreis. Dieser besteht sogar im Gegenteil aus einer hübschen Summe, mit der neue Forschungsvorhaben finanziert werden können. Und das soll bei Designern anders sein? Warum? Wenigstens ein Staatspreis sollte doch den Ehrgeiz haben, die kreative Elite seines Landes finanziell zu fördern und nicht zu schröpfen!
Der Staat hat eine Verantwortung für die Freiheit von Wissenschaft und Kultur. Und wenn er sie schon nicht beschützen kann, so sollte er sie wenigstens nicht mit zweifelhaften Aktionen wie einem solchen ›Preis der Preise‹ verhöhnen.
Oder habe ich etwas falsch verstanden? Dann bitte ich Sie höflichst um Aufklärung.
Hochachtungsvoll, Ihre
Juli Gudehus
Sehr geehrter Herr Minister!
Vielleicht können Sie mir helfen: es gibt da etwas, das ich nicht verstehe. Ich bin nominiert für den Designpreis der Bundesrepublik Deutschland und freue mich riesig – den ›Preis der Preise‹ zu bekommen, das wäre schön! Den Unterlagen entnehme ich aber, dass es 210 € kostet, um am Auswahlverfahren teilnehmen zu können und weitere 2.900 €, wenn ich gewinne. Nun bin ich verwirrt. Preis bekommen oder Preis bezahlen?
Vermutlich schlug eines Tages der Rat für Formgebung Ihrem Vorgänger vor: ›Warum machen wir nicht mal einen Designpreis, das wäre doch prima! Sie sind Schirmherr und wir erledigen die Arbeit. Sie sind froh, weil Sie international mit tollem deutschen Design glänzen können, wir sind froh, weil wir daran Geld verdienen und die Designer und deren Auftraggeber sind froh, weil sie vom Staat für ihre Leistung gelobt werden.‹ Nur ich bin nicht froh. 3.100 € muss man erst einmal verdienen. Oder wurde angenommen, dass ohnehin nur finanzkräftige Designbüros und Auftraggeber teilnehmen würden?
Fast alle Designpreise sind mit hohen Kosten verbunden. Das kann man für die Privatsache der auslobenden Vereine halten – und derer, die da mitmachen. Dass der Staat – und Sie als sein Repräsentant – das aber unbesehen auch noch auf die Spitze treiben, finde ich skandalös. 3.100 € sind meines Wissens hierzulande der höchste Preis für einen Designpreis. Wobei der Preis der Preise, die man vorher bekommen haben muss, um nominiert zu werden, hierin noch gar nicht enthalten ist.
Schauspieler zahlen nicht für den Oscar, Musiker nicht für den Grammy, Wissenschaftler nicht für den Nobelpreis. Dieser besteht sogar im Gegenteil aus einer hübschen Summe, mit der neue Forschungsvorhaben finanziert werden können. Und das soll bei Designern anders sein? Warum? Wenigstens ein Staatspreis sollte doch den Ehrgeiz haben, die kreative Elite seines Landes finanziell zu fördern und nicht zu schröpfen!
Der Staat hat eine Verantwortung für die Freiheit von Wissenschaft und Kultur. Und wenn er sie schon nicht beschützen kann, so sollte er sie wenigstens nicht mit zweifelhaften Aktionen wie einem solchen ›Preis der Preise‹ verhöhnen.
Oder habe ich etwas falsch verstanden? Dann bitte ich Sie höflichst um Aufklärung.
Hochachtungsvoll, Ihre
Juli Gudehus
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