Gedanken über den Gedankenstrich

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Eben schrieb mir Oliver Gibler: »Eine Frage, die mich schon seit längerer Zeit quält, kam mir wieder beim Artikel zum ›Registrierungszeichen‹ in den Sinn und konnte auch eben durch das Typo-Regeln-PDF ›typokurz‹ nicht beantwortet werden: Wie geht es weiter, wenn ein Gedankenstrich am Ende der Zeile sitzt? InDesign meint, dass der Gedankenstrich dann an den Anfang der nächsten Zeile gehört und setzt ihn automatisch dort hin.
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Aber ich traue InDesign – so gut es auch ist
– in diesem Falle nicht ganz.
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Stimm das denn so? Oder wäre es so richtig:
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Aber ich traue InDesign – so gut es auch ist –
in diesem Falle nicht ganz.
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Lieber Herr Gibler. Erst mal müssen wir uns ein Bild über die verschiedenen Arten horizontaler Striche in Satzschriften machen. Am bekanntesten ist der
Trennstrich (Divis), der auch als Bindestrich eingesetzt wird. Tatsächlich liegt dieser Strich in drei Varianten vor, die sich beim Umbruch unterschiedlich benehmen:
a) der normal getippte Divis verhält sich im Falle des Umbruchs wie ein Trennstrich
b) der geschützte Divis wird nicht getrennt sondern mit auf die neue Zeile genommen (zum Beispiel empfohlen bei i-Punkt)*
c) das Soft Hyphen taucht nur auf, wenn es wirklich zum Umbruch kommt*
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* bitte informieren Sie sich in der Anleitung Ihrer Software, mit welchen Tastenkombinationen diese beiden Striche abgerufen werden, die ansonsten mit dem Divis identisch sind

Der
Gedankenstrich (wie man ihn unter OS X findet, ist auf diesem Mac-Maus-Pad zu sehen, hier das Windows-Maus-Pad) ist länger als der Divis, und wird mit Wortabstand gesetzt. Es ist genau der Strich, den Sie in Ihrem Beispiel zitieren. Ich weiß weder, ob sie wirklich den Gedankenstrich gesetzt haben oder ob InDesign diesen falsch interpretiert. Ich weiß aber, dass beide Fälle auftreten können. In Detailtypografie steht nämlich folgendes Beispiel:
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Ein Beispiel, das zeigt, dass der Gedankenstrich
– und um einen solchen handelt es sich hier –
bei seinem Einschubtext bleiben sollte. Aber –
er bleibt, wie hier, sonst besser oben stehen, da
so der Leser die Gedankenpause früher bemerkt.
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Also kann man InDesign eigentlich keine Vorwürfe machen. In Ihrem Beispiel jedoch gehört der Strich ans Ende der Zeile. Bei einer anderen Umbruchsituation müsste er vorne stehen:
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Aber ich traue InDesign
– so gut es auch ist –
in diesem Falle nicht ganz.
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