Viel Neues bei FontFont … (1)

Die 55. Erweiterung der FontFont-Bibliothek ist die umfang­reichste in der 20-jährigen Geschichte dieser Schriften-Bibliothek. Neben den 3 Neuentwürfen FF More (Abb. oben, 30 Schnitte, Design: Łukasz Dziedzic), FF Spinoza (8 Schnitte, Design: Max Phillips) und FF Meta Hebrew (4 Schnitte, Design: Oded Ezer, Erik Spiekermann) wurde die Bibliothek um mehrere hundert Webfonts, Office-Fonts und Spracherweiterungen ergänzt, zum Beispiel die kyril­li­sche FF Meta Condensed. Darüber hinaus ist jetzt die gesamte Bibliothek im OpenType-CFF-Format erhält­lich. Ebenfalls neu sind Preissystem und Paketierung.

FF Meta Hebrew. Mit der neuen hebräi­schen Version und den kyril­li­schen Ergänzungen wird FF Meta zum sprach­lich am besten ausge­bauten FontFont. Die Schrift gehört quasi zu den Gründungsmitgliedern der FontFont-Bibliothek, und ihre Entstehung wird zur Zeit im Berliner BauhausArchiv in der Ausstellung Schriftgestalten noch mal erzählt. Unter dem Namen PT55 entstand 1985 der Vorläufer zur FF Meta  – belastbar, ökono­misch und unver­wech­selbar, weil sie auf den Formularen der Deutschen Post zum Einsatz kommen sollte. Kurz darauf wurde sie mit Ikarus (URW) in den Schnitten Regular, Italic und Bold digi­ta­li­siert, so dass sie theo­re­tisch binnen weniger Wochen auf alle Satzmaschinen verfügbar hätte sein können. Doch nach langen Diskussionen entscheidet sich die Post 1986 für die Beibehaltung ihrer Helveticas als Hausschrift. Und so wurde die Schrift wenige Jahre später mit der Gründung von FontFont für alle benutzbar.

Binnen weniger Jahre entwi­ckelte sich FF Meta zum stil­prä­genden Bestseller. Sie wurde um viele Strichstärken erwei­tert, eine Condensed-Version kam hinzu ja inzwi­schen gibt es sogar eine FF Meta Serif, die eben­falls schon weit verbreitet ist. Neben dem gestal­te­ri­schen Ausbau erlebte die Schriftfamilie auch einen umfang­rei­chen Sprachausbau: es begann mit FF Meta Turk und Baltic, gefolgt von Griechisch und Kyrillisch und nun auch Hebräisch. Für diese Lokalisierung konnte FontFont den ange­se­henen israe­li­schen Designer Oded Ezer gewinnen, bekannt für seine teils humo­rigen Typo-Experimente und Sprecher auf der TYPO Berlin 2008 (Foto rechts, © Marc Eckardt). Er widmete sich den vier Grundschnitten Book, Book Italic, Bold und Bold Italic.

FF Spinoza. Max Phillips, Entwickler der Antiqua FF Spinoza, ist ein neuer Name in der Gilde der Schriftentwerfer. Er lebt und arbeitet in New York als Kreativdirektor, wo er unter anderem für FAO Schwarz, Merrill Lynch, The Boston Globe und Citycorp tätig war. Spinoza ist seine erste und im Moment einzige Schrift, mit der er sich übri­gens elf Jahre beschäf­tigte. Weil Lesbarkeit sein wich­tigste Kriterium bei der Entwicklung der Schriftfamilie war, benannte er sie nach dem nieder­län­di­schen Philosophen Baruch de Spinoza, der sich mit großer Leidenschaft auch der Herstellung von Mikroskopen und Ferngläsern widmete.

Die FF-Spinoza-Familie ist mit den Strichstärken Regular, Medium, Bold und Black plus Italics und Kapitälchen sehr gut ausge­baut. Ihr formalen Wurzeln lassen sich am ehesten bei Buchdruckschriften wie Trump Mediaeval und Aldus verorten, sowie dem Werk von Nicholas Kis. Ihre Lettern sind schmal, mit offenen Konturen und kräf­tigen Serifen. Sowohl im Mengensatz (Bücher) aber auch im Editorial-Design wird sie mit Sicherheit ein gutes Bild abgeben.

FF More. Wer große Schriftfamilien sucht, mit mehr als vier Strichstärken plus Condensed- und Wide-Versionen, wird sicher­lich am schnellsten in der Klasse der Sans-Schriften fündig. Die neue Serif-Superfamilie FF More füllt daher eine echte Lücke. Mit fünf Strichstärken (Light, Book, Medium, Bold und Back) in den Breiten Condensed, Normal und Wide setzt FF More Maßstäbe. Editorial-Designer werden sich die Hände reiben ob dieser Vielfalt, und die Aufmacher-Abbildung dieses Beitrags zeigt die typo­gra­fi­sche Stärke der Superfamilie. Ihre Slab-Serif-Touch kommt genau zur rich­tigen Zeit: Mobilgeräte und ePaper sind genau der rich­tige Herausforderung für FF More.

Das Tolle an FF More ist jedoch, das ihr Sans-Begleiter schon seit einigen Monaten auf dem Markt ist. Łukasz Dziedic entwarf FF More sie nämlich als Ergänzung zur bereits etablierten FF Good, die er vor kurzem von 9 auf über­wäl­ti­gende 60 Schnitte erwei­tert hat (auch nach­zu­lesen im kosten­losen Lehrbüchlein Apfel i).

Weitere FontFont-Neuigkeiten in Stichworten:

PostScript-Fonts einge­stellt. Mit der kompletten Umstellung der Library auf OpenType CFF wurden alle PostScript-Type-1-FontFonts vom Markt genommen. Während bei Type-1 die ersten Programme und Betriebssysteme langsam die Unterstützung verwei­gern, wird OpenType CFF von vielen Betriebssystemen unter­stützt, nämlich Mac OS X, Windows 2000, Windows XP und Windows Vista.

Neues Preissystem. Mit Release 55 wurde ein neues, faires Preissystem einge­führt, das weniger üppig ausge­baute Schriften (ohne Kapitälchen und/oder Fremdsprachen) preis­werter macht. Auf dem Gebiet der Offc-Fonts und der Web-Fonts gehören Small Caps jetzt zum Lieferumfang, so dass es zumin­dest bei der Lizenzierung dieser Schriften keinen Grund mehr gibt, das der seit Jahrhunderten gepflegte typo­gra­fi­sche Stil heute in Vergessenheit gerät.

Neue Gruppierungen. Viele Schriftpakete, die histo­risch gewachsen waren, wurden benut­zungs­ori­en­tiert umge­packt. So gibt es in der FontFont-Bibliothek keine reinen Italic-Pakete mehr, und Riesenfamilien wurden in nütz­liche (und damit preis­wer­tere) Teilfamilien zerlegt.

Für detail­lier­tere Informationen empfehlen wir den 37-seitigen FF55 Overview (PDF 3.8 MB).


3 Kommentare

  1. Ben

    Bin schon gespannt auf: (2)

  2. R::bert

    Kannst ja mal bissl auf http://​www​.design​ma​d​ein​ger​many​.de/ stöbern.
    Mehr verrat’ ich aber mal lieber nicht. Jürgen soll ja auch noch was machen ; )

  3. Johannes

    Nun wird es aber Zeit für ein Lob für die Meta Hebrew: die sieht sehr gut aus und ergänzt die Familie auch sehr gut!

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