Versaleszett wird internationale Norm
Wie heise.de meldet, ist jetzt das ß als Großbuchstabe von der Internationalen Organisation für Normung (ISO) als Norm veröffentlicht worden. »Ende Mai fand bei der ISO die finale Abstimmung statt, die Norm wurde ohne Gegenstimme angenommen, bestätigte Roman Grahle vom Deutschen Institut für Normung (DIN) gegenüber heise online. Das DIN hatte sich im vergangenen Jahr für die Aufnahme als Standard eingesetzt. Am 23. Juni hat die betreffende Ergänzung der Norm den Status 60.60 (›International Standard published‹) erreicht und ist damit gültig.«
Am 4. April trat bereits die Unicode-Version 5.1 in Kraft, die das versale ß als Zeichen U+1E9E enthält (Fontblog berichtete). Das zuständige Unicode Consortium steht der ISO beratend zur Seite. Heise betont, dass die Rechtschreibregeln von der neuen Norm nicht betroffen seien, das ß werde danach weiterhin in Großschreibweise als SS umgesetzt.
42 Kommentare
Kommentarfunktion ist deaktiviert.
<em>kursiv</em> <strong>fett</strong> <blockquote>Zitat</blockquote>
<a href="http://www…">Link</a> <img src="http://bildadresse.jpg">
depp
wenn man es doch wieder durch SS ersetzen soll,
wozu dann das ganze?
andré
sehr gut! die änderung in der rechtschreibung kommt dann auch noch…
nicetype
Die Änderung in der Rechtschreibung setzt aber das Versal-ß in allen Schriften voraus, das dürfte einige Zeit dauern, es nachzuholen. Wenn überhaupt.
andré
das kommt stück für stück…
HD Schellnack
Ein großartiger Sieg des Antifaschismus!!!
Jürgen
Kommt drauf an: das Unrecht der Waffen-SS ist bewiesen, abgehakt. Doch was können wir zum heutigen Zeitpunkt Verbindliches über das Waffen-Versaleszett sagen?
HD Schellnack
Neeeee, ich mein doch nur, weil SS verschwindet.
Seriously, solange es nicht verbindlich ist, soll jeder machen, wie er mag – ich finde es ästhetisch (vielleicht aus der Gewohnheit und weil ich irgendwie dem seltsamen Gedanken anhänge, dass das ß eine Minuskel-Ligatur ist, die zum Versal zu erheben irgendwie doch recht beknackt ist) unbefriedigend, aber wenn andere Leute als es eine Erweiterung ihrer Möglichkeiten erleben, super.
Adam Twardoch
> wenn man es doch wieder durch SS ersetzen
> soll, wozu dann das ganze?
Nach den normalen Rechtschreibungsregeln der Bundesrepublik Deutschland wird ß in Versalien weiterhin als SS geschrieben. Da aber kein Buchstabe Eigentum eines einzigen Landes ist und es genug Beispiele gibt, in den ein Versal-ß notwendig ist, wurde der Buchstabe eingeführt.
Ausführlich dazu:
http://www.typophile.com/wiki/eszett
ole
Ich glaube, ich hatte schon einmal angemerkt, dass ich das «Versaleszett» für so überflüssig halte wie Sprühkäse. Ich fürchte nur, es wird noch weniger richtig eingesetzt werden wie das Zeichen in der Normalschreibweise. Es bleibt Käse.
thomas | BFA
danke ole! das erspart mir die wiederholung meiner meinung.
Jan
Noch EIN Wort gegen Sprühkäse!
Christian
siehe auch hier:
http://fr-online.de/in_und_ausland/magazin/?em_cnt=1357728
fjord
Danke, Ole! Exakt meine Meinung.
„Norm“ wäre doch mal ein interessantes Thema für einen Diskurs, oder? Vor allem, was deren äußerst fragwürdige Legitimation angeht. Wie in diesem Fall nun auch wieder. Jedenfalls die Fragwürdigkeit der Legitimation im Vergleich zu den weitreichenden Auswirkungen von „Norm“ im Alltagsleben. (Auswirkungen, die ich dem Versal-Bastard hier nicht zugestehen möchte. Dafür ist das Thema wirklich zu lächerlich. Trotzdem machen meine Vorschreiber bereits mit Recht darauf aufmerksam, dass sich mit der Zeit durchsetzen wird, was sich durchsetzen kann. Auch wenn es der blanke Unsinn ist. Also: Tatsachen schaffen durch unsinnige Normen. Alles weitere folgt. Und morgen ist Freitag: Diskurstag?)
thomas | BFA
man muss ja nicht alle din-normen befolgen. im grunde könnte dieser buchstabe eine erleichterung sein, WENN er grafisch sinnvoll und angemessen daher kommen würde. macht er aber nicht. insofern ist es eine krücke, die man ungern benutzen möchte, wenn man ein cooler junge ist. ;-)
Da Stefan
@Jan: verdammt, der war gut…. ROFL
Zum Thema:
Tja, ich als alter Schriftsetzer habe es wirklich schwer, mich mit dem Versal-SZ anzufreunden. V.a. bei Schriften, bei denen es wirklich noch wie ein Fremdkörper aussieht und einfach viel zu leicht mit dem B zu verwechseln ist.
Bei manchen Schriften allerdings haben es die Typedesigner geschafft, mich zu überzeugen. Allerdings eben nur bei manchen.
Fazit: ich werde in der nächsten Zeit einfach versuchen, das Versal-SZ zu vermeiden, in dem ich einfach keine Versalien mehr setzen werden in Texten, in denen ein sz auftauchen könnte. So einfach ist das. :)
andré
ich verstehe gar nicht, wie sich grafik-designer und typografen gegen eine sinnvolle erweiterung der schrift wehren können…(viele aussagen werden im versalsatz echt sinnlos..zb: habe ich erst letztens in der zeitung hier in zürich gelesen: DER ARZT RÄT: ALKOHOL IN MASSEN! wird er auch das gemeint haben?…)
in 30 jahren setzen und schreiben es die kinder ganz selbstverständlich…denkt dann mal an mich.
ole
Versalsatz ist immer schlechter zu lesen als gemischter Satz; also setzt man lesbare Texte und umgeht so ein «Versaleszett».
Ivo
Genau das zeichnet den Typografen aus, Ole, da gebe ich dir vollkommen Recht. Dieses typografische Rumgebrülle geht mir jedesmal auf den Wecker. Auch in dem vielzititierten Pässen gibt es doch keine Notwendigkeit der Großschreibung.
Adam Twardoch
Ich muss ehrlich zugeben, ich verstehe die Rumjammerei nicht. Die Normen ISO 10646 und Unicode sind einfach ein Katalog von durch diverse Menschen verwendeten Zeichen — schlägt doch einfach nach!
Ich glaube, viele Kollegen hier vertreten eine Konzeption der Unicode-Norm, die sagt: „entweder machst du was ICH sage oder du machst es gar nicht“.
Es ist zwar interessant, dass der eine oder andere ein bestimmtes Zeichen _nicht_ braucht — aber das heißt ja nicht, dass man es verbieten sollte!
Ja, ich würde sagen, es gibt keinen einzigen Menschen in der Welt, der _alle_ Unicode-Zeichen braucht und verwenden würde. Wenn Ihr das Zeichen nicht verwenden möchtet — dann halt verwendet es nicht. Keiner zwingt Euch doch! Genauso wie keiner Euch zwingt, Zeichen wie ⫾ oder ┅ zu verwenden. Aber es gibt irgendwelche Menschen, die es offensichtlich verwenden möchten. Und wenn jemand das Zeichen doch verwenden möchte — aus welchem Grund auch immer — dann kann er das jetzt. Wo liegt das Problem?
Grüße,
Adam
hef
Neulich wurden in einem TV-Beitrag Original-Stasi-Dokumente gezeigt, bei denen ich zum ersten Mal in meinem Leben ein mit Schreibmaschine getipptes „dasz“ sehen durfte. Ich wurde in Süddeutschland sozialisiert und hatte trotz Schriftsetzerlehre und Designstudium bis zu dieser imho unsinnigen Diskussion immer nur Umgang mit dem „scharfen s“ und frage mich nach wie vor, ob es (außer in der polnischen Sprache) überhaupt Wörter mit „sz“ gibt. Für das Plätzchen bei Unicode kann ich mir eine Menge wunderbarer Doppel-S-Ligaturen vorstellen, wie man sie z.B. in den Kapitälchenschnitten der Meta bereits bekommt, wenn man das scharfe s (ß) anschlägt!
Jürgen
Das Problem liegt daran, dass die »Erfinder des Zeichens« nicht so liberal argumentieren wie Du, Adam. In den Diskussionen ist inzwischen nicht mehr von Freiwilligkeit die Rede, sondern man sympathisiert mit der Idee, dass bald Erstklässler das Zeichen in der Schule lernen sollen. Da ist dann auch für mich der Bogen überspannt. Vergessen wir nicht, dass das Versaleszett ursprünglich die fixe Marketingidee einer Fachzeitschrift aus der Leipziger Tieflandsbucht war.
Ralf Herrmann
Nana! Das ist jetzt aber eine ziemlich böse Unterstellung und auch nicht gerade »liberal«.
Die »Erfinder« machen das natürlich alle aus Überzeugung. Für Marketing und Selbstdarstellung kann ich mir bessere Themen vorstellen, als sich auf Jahre hinaus dem unvermeidlichen Gegenwind der menschlichen (Seh-)Gewohnheiten entgegenzustellen.
Adam Twardoch
Andreas Stötzner ist nicht der „Erfinder des Versal-ß“. Plus, was er in seiner publizistischen Tätigkeit argumentiert und was er mit dem Zeichen bezweckt, ist seine Sache. Das hat aber nichts damit zu tun, ob es sinnvoll ist, das Zeichen ins Unicode aufzunehmen. Ich finde Stötzners Design-Vorschläge für das Zeichen eher verfehlt*, und bin mit einigen seiner anderen Ansichten nicht einverstanden, plane aber das Zeichen für meine Zwecke womöglich einzusetzen.
* Mein eigener Vorschlag sieht eher so aus:
http://www.typophile.com/files/germandbls_garamond_5881.png
Erklärungen dazu in:
http://www.typophile.com/node/33647
Weder Herr Stötzner noch Herr Twardoch noch irgenjemand anders hat Monopol auf die Verwendung dieses Zeichens oder dessen Ausgestaltung.
Um zu einem sehr ausdruckvollen Argument zu greifen: die SS hatte ja auch kein Monopol der Verwendung des runischen Alphabets, und es ist auch ins Unicode aufgenommen worden. Und auch dieses Zeichen: �?? und auch dessen spiegelverkehrte Variante (die ich hier nicht zeige) ist in Unicode, weil es sich ebenfalls nicht monopoliseren ließ. Das gleiche gilt für Frakturschriften usw.
Man sollte also nicht gleich glauben, dass der Eintrag ins Unicode-Sammelsorium gleich einer preskriptiven Normung ist.
Außerdem ist das ẞ (das Versal-ß) nicht das Euro-Zeichen, seien wir ehrlich. Und sollte es tatsächlich irgendwann wie ne Rakete abgehen, dann heisst es erstens, dass die Aufnahme des Zeichens die richtige Entscheidung war, und zweitens gibt es dann in fünf Jahren womöglich nochmal einen Anlass, Schrift-Upgrade-Preise für die Integration des Versal-ß in OpenType-Fonts zu berechnen, und nebenbei gibt es dann auch die Chance, Jugendsünde der eigenen OpenType-Fertigung auszubügeln. Da sollten sich ja Schriftenhersteller doch freuen. ;)
Schöne Grüße,
Adam
Jürgen
OK, Ralf: ich habe das etwas pointiert formuliert. Ich möchte auch niemandem zu nahe treten. Ganz im Gegenteil: Mir gefällt die Diskussion natürlich. Doch der Stimmungswandel von »freiwillig« in »Vorschrift« (Norm) gefällt mir nicht.
Adam: Schön, dass Du Deine Form ins Gespräch bringst. Im Gegensatz zu den Leipziger/Dresdener Entwürfen handelt es sich bei Dir tatsächlich um eine Versalkonstruktion und keine »verbogene Minuskel-Ligatur«.
Christian
ja, finde ich auch. die Ecke oben links machts zur Versalie, bei dem bisherigen Entwurf lese ich immer irgendeine Mischung aus B und Lautschrift. Adams Entwurf kann ich mir da schon eher vorstellen. Der Buchstabe wird scharf ausgesprochen, darum darf er auch spitz und eckig sein (auch wenn er das unlogischerweise als Gemeine nicht ist)
Die arabischen Ziffern wurden ja per Königserlass befohlen, weil sie praktischer in Addition und Subtraktion sind. Das Versal-SZ hat es da nicht so einfach und muss durch demokratische und modische Mühlen.
andré
toll adam…so werden es die kinder in paar jahren in der schule lernen. da bin ich mir sicher! …schon ein sehr schöner entwurf.
grüße AA
ole
Karl-Heinz Lange hat «Versaleszette» schon in seinem Heft: «Schrift: schreiben/zeichnen/malen/konstruieren/schneiden» gezeigt (VEB EA Seemann, Leipzig, 1971) insofern ist nichts neu. Ich selbst sehe sehr wenige Verwendungsmöglichkeiten für ein »Versaleszett», diese Bezeichnung ist im Übrigen genau so falsch wie eine Schreibweise «sz», nur um dies noch einmal festzustellen.
Zum Thema Unicode ist die Sachlage nicht ganz so einfach. Alles was in »Normungen» beschrieben wird ist für viele Auftraggeber wie ein Vorschrift, eine Mindestnorm. Bei Unicode ist es eine Höchstnorm, das verwirrt viele Auftraggeber, die ISO und DIN als Mindestnorm ansehen (selbstverständlich ist Unicode sinnvoll und gut). Als Kommunikationsfachleute lösen wir selbstverständlich solche Missverständnisse …
Ralf Herrmann
Aber gib ihm noch mehr Luft, sprich Breite. Das »Innenleben« ist noch zu vollgestopft für den großzügigen antiken Pinselformbauplan.
Adam Twardoch
> Aber gib ihm noch mehr Luft, sprich Breite.
Da hast Du Recht, es muss proportionsmäßig wie ein „Doppelbuchstabe“ wie etwa W oder M behandelt werden, also in den klassischen Proportionen die volle Quadratbreite erhalten, und auch entsprechend breit in modernen Proportionen.
Meine Form ist übrigens ein Versuch, historische Rekonstruktion zu betreiben, vor allem, wenn es um das Versal-lange S geht. Es ist ja kein Zufall dass die Formen von ſ (dem langen s) und f verwandt sind. Wenn man die zwei gegenüberstellt, ist der Querbalken der einzige Unterschied. Den gleichen Unterschied findet man zwischen Γ (dem griechischen Gamma) und F. Daher kann man ja annehmen, dass ein Versal-lang S etwa so — Γ — aussehen könnte, hätte er je existiert. Oder zumindest, ist Γ eine im lateinischen nicht verbrauchte, Form. Daraus ergibt sich für mich auch die notwendige Kante oben links.
Das der horizontale „Dach“ über den Buchstaben auch rechts eckig enden muss, ergibt sich von selbst — es ist die für mich einzige plausible Möglichkeit, dem Buchstaben einen Versalcharakter zu verleihen.
Und die tendenziell an das mittelalterliche minuskel-z (heute im Unicode mithilfe von yogh darstellbar: Ʒ) angelegte rechte Seite gibt einen zusätzlichen Kontrast zu den heutzutage üblicheren runden Formen des ß, welches in den neuen Schriften öfter an die Ligatur ſs and and die ligatur ſƷ erinnert.
Wenn also der Minuskelbuchstabe als eine Ligatur von ſs (in etwa) gebildet wird und der Versalbuchstabe durch die Ligatur ΓƷ, dann ist es konzeptionell logisch und historisch so weit wie möglich akkurat.
Und außerdem ist die von mir vorgeschlagene Form _äußerst einfach_ per Hand zu schreiben — anders als Herrn Stötzners Vorschlag („Leipziger Form“), bei dem man immer komische Verrenkungen machen muss und bei den der Unterschied zwischen Minuskel und Majuskel meiner Meinung nach zu wenig betont ist.
Grüße,
Adam
Christian
Adam, deine Herleitung is absolut plausibel und gibt Sinn. Schade, dass die publizierte Form nicht so aussieht.
Sebastian Nagel
Ich spreche mich inzwischen auch für „oben eckig“ aus, so integriert es sich homogener in die anderen Versalien.
Ich hab das schon mal gezeigt (und die Entwürfe sind alt, aber das Grundgerüst bleibt das selbe):
http://www.gestaltungssache.at/stuff/inmassen.gif
Mein Favorit ist das zweite von unten (wenn man vom S kommen möchte) bzw. das erste von oben (nur nicht so zugekleistert – wenn man vom Z/yogh kommen will).
Eine Serife links oben kann ich mir durchaus vorstellen, aber auch ohne (wie beim N links unten), als „Eingeständnis“ an die Form der Minuskel.
Ralf Herrmann
Und da wir Schriften perfekt lesen können, die etwa kugelrunde E-Schwünge haben und andere, bei denen das E geometrisch perfekte Linien sind, würde ich sagen, dass wir die Antwort auf die Frage der linken oberen Ecke eigentlich überhaupt nicht festzementieren müssen. Je nach Schriftstil kann vielleicht die eine oder andere Variante passend sein.
Karsten
Ole — „Versaleszett“, diese Bezeichnung ist im Übrigen genau so falsch wie eine Schreibweise „sz“ […] Alles was in „Normungen“ beschrieben wird ist für viele Auftraggeber wie ein Vorschrift, eine Mindestnorm.
„sz“ falsch oder richtig – Grimm riet sogar zu „sz“ statt „ß“. Da hat vor lauter eifer die berüchtigte Signa-ausgabe (seite 23 rechte spalte unten) ihm das wort im mund herumgedreht und ihn zum unterstützer erklärt.
Das problem mit normen (bzw deren rezeption) sehe ich ähnlich.
Die phase der freiwilligkeit wird lange wohl nicht anhalten. Die frage ist längst nicht mehr: brauche ich das? sondern: wie muß es aussehen? und wie baue ich es ein?
andreass
Die Diskussion wird stellenweise sehr hitzig geführt. Locker bleiben Leute!
Die Form mit der gerundeten Ecke ist tatsächlich kaum handschriftlich zu leisten. Handschriftlich wird man die einfachste Form nutzen, also die mit drei Zügen (Beispiel von Adam), oder gar die mit nur zwei Zügen, so wie für das kleine ß.
Wichtig sind doch nur zwei Dinge. 1. Die Form muß das Publikum annehmen können. – Die Leute müssen also dort abgeholt werden, wo sie gerade stehen. 2. Die Form muß sich möglichst deutlich vom B unterscheiden.
Je nach Schrifttype und deren Einsatzzweck wird das Ergebnis variieren müssen.
Ob Adams Formenansatz z.B. für eine Variante der DIN-Schrift, so wie sie im Straßenverkehr eingesetzt wird, genügend „Unterscheidungskraft“ bietet, ist eine Frage.
PS: Was auch immer ein gewisser Herr Grimm gesagt haben sollte – es ist in diesem Zusammenhang aber so was von Wurst. :-)
Ralf Herrmann
Versalsatz ist allerdings auf deutschen Verkehrsschildern verboten – benötigt mal also weder in Altjeßnitz noch in Wußwerk. ;-)
preusss
Kleine Anmerkung zu Herrn Jacob Grimm:
Ihm ging es keineswegs um die Verwendung des Buchstabens oder der Glyphe ß in irgendeiner Form, sondern um die sprachlich relevante und dort korrekte Übersetzung des LAUTES, den man mit sz (scharfes s) umschreiben kann.
Durch den Wegfall des s.g. »langen s« im Antiqua-Alphabet (durch Schrift-Umstellung in der Setzerei) war dieses nicht mehr vorhanden, weshalb er die Verwendung von sz empfohlen hat. (SIGNA, Heft 9, S. 23 unten)
Karsten
Ingo, um was sonst als die Verwendung des Buchstabens oder der Glyphe ß geht es Grimm, wenn er sich ausdrücklich damit beschäftigt, wie der laut gesetzt werden solle, und zum sz rät? Siehe spalte LX des vorwortes. Die worte „gesetzt“ und „setzer“ werden dort z.t. mehrfach verwendet. Kurz, es geht in dieser passage um die typographische repräsentation des lautes und um die verwendung bzw nicht-verwendung der glyphe ß.
Andreas, was haben würste mit typographie zu tun? Bezogen auf Oles diese Bezeichnung ist im Übrigen genau so falsch wie eine Schreibweise „sz“ habe ich darauf hingewiesen, daß „falsch“ hier ständiger wandlung unterworfen ist – diese wandlung wird reflektiert in unterschiedlichen eszettformen und theorien bezüglich seiner konstruktion: Manche schriften interpretieren ß als lang-s plus z. Tschichold verficht lang-s plus s. Bollwage legt nahe, daß der zweite teil weder s noch z ist denn vielmehr eine art diakritisches zeichen, das dem lang-s angehängt ist (Gutenberg-Jahrbuch 1999). All das ist doch nicht irrelevant, wenn es darum geht, eine form für das versaleszett zu finden – siehe die bereits gemachten vorschläge – inclusive Adams zu beginn der o.g. Typophile-diskussion: ein S mit diakritischem zeichen (Scedilla), interessant in der hinsicht, als dieser ansatz von Bollwages beobachtungen gestützt würde. Und in diesem zusammenhang hat selbst das sz seine berechtigung, Grimm führt das ch als analogen fall an. Das setzt natürlich eine gewisse offenheit voraus.
Darf ich daran erinnern, daß nicht ich den Grimm ausgebuddelt habe, sondern die Stötzners selbst es waren, die sich in der pro-versaleszett kampagne auf Grimm beriefen und ihm dabei leider das wort im mund herumgedreht haben?
Andreas Stötzner
»…die Stötzners selbst es waren, die sich in der pro-versaleszett kampagne auf Grimm beriefen und ihm dabei leider das wort im mund herumgedreht haben«
– Bei solchen Vorwürfen bitten wir, der Gerechtigkeit halber, um genaue Angabe der Belegstelle und präzise Darlegung der kritisierten Aussage.
U. u. A. St.
Karsten
Lieber Herr Stötzner, die stelle ist bereits zweimal genannt worden:
Uta Stötzner: „Die Geschichte des versalen Eszetts.“ In: Signa, Beiträge zur Signographie, Heft 9/2006: Das Große Eszett. Seite 23 [rechts unten] bis 24 [links oben].
Stein meines anstoßes: Das zitat aus dem Grimm (dort im vorwort spalte LX):
[fehlt in Signa: Um diesem empfindlichen übelstand auszuweichen und wieder] auf gehörige sonderung der Laute SS und SZ zu dringen, habe ich, weil eine verknüpfung des typos s mit z unthunlich ist, getrenntes sz vorgezogen, wie es in polnischer, littauischer, ungrischer sprache längst üblich war […] [hier auslassung einer entscheidenden passage in Grimms agrumentation PRO sz: niemand nimmt anstosz daran, dasz die verbundnen [langs-t] und ch [dort frakturligaturen] sich auflösen in st und ch, ihnen tritt sz ganz zur seite] und man braucht nicht mehr verlegen zu fragen, ob sz in der druckerei vorrätig sei. Nun kann auch die Majuskel das SZ ausdrücken, wie sie das [langs-s] nicht konnte.
U. St. liest darin:
Hier wird deutlich, daß Grimm eigentlich eine eigene Type für die Lautung „sz“ gewollt hätte und auch eine Majuskel für folgerichtig hielt.
Deutlich wird aus der von U. St. zitierte passage und v.a. aus dem im originaltext dieser passage vorangehenden absatz vielmehr, daß Grimm weder „eigentlich eine eigene Type […] gewollt hätte“ noch „auch eine Majuskel für folgerichtig hielt“. Der „übelstand“, auf den Grimm zu beginn der zitierten passage (in U. St.s zitat fehlend) verweist, liegt in der parallelen verwendung von „ss“ (antiqua) und „ß“ (fraktur) für denselben laut. Ersichtlich aus dem kurzen historischen abriß der schreibung dieses lautes, spalte LX mitte, den Grimm beschließt mit:
Als endlich in unserm eignen jh. das lange lat. [langs] verschwand und dem s allenthalben wich, versagte auch der behelf des [langs-s] und die setzer griffen zu ss, das doch im auslaut wie inlautend nach langem vocal unleidlich ist. seit dieser zeit wird geradezu, jenachdem man deutsche oder lateinische buchstaben verwendet, auf zwiefache weise gesetzt […]
Soweit der angesprochene „übelstand“. Kein pro-ß, da Grimm pro-sz votiert. Schon gar kein pro-versal-ß. „Der gerechtigkeit halber“ – dem autor des zitierten textes gegenüber – sollte zitieren mehr sein als das bloße herauspicken eines nützlichen satzes und anheften einer fußnote.
Entschuldigung dafür, daß ich die diskussion auf abwege geführt habe.
Uta Stötzner
Sehr geehrter Herr Karsten,
wo liegt das, wie Sie meinen, Entscheidende der von mir ausgelassenen Passage? Daß Grimm SS und scharfes Es unterschieden wissen wollte, macht der Zitatanfang deutlich. Die Verbindung von S und Z lehnt Grimm als »unthunlich« ab. Grimm erklärt diesen Standpunkt nicht, führt aber seine Akzeptanz der Auflösung der Ligaturen (für die ensprechenden Lautungen) ch und lang-s-t aus den gebrochenen Schriften in die Einzeltypen in der Antiqua an (was nicht bedeuten muß, daß er dies guthieß). Mehr enthält die von mir ausgelassene Passage nicht. Ich halte »unthunlich« für das stärkere Argument und habe entsprechend zitiert. Das Jacob Grimm letztlich, wie Sie schreiben, »pro sz« war, liegt auf der Hand, da er es ja so in seinem »Wörterbuch« verwendet hat.
Sein letztes Argument dafür war die damit mögliche Darstellung der Lautung ›Eszett‹ in Versalien.
Bedenkt man, daß Jacob Grimm damals als erster und, soweit bekannt, einziger (Lichtenthaler außen vorgelassen) ß für ›scharf Es‹ in sein Werk einführt, es jahrelang beibehält, ohne Erklärung aufgibt, stattdessen das vergebliche Nachfragen in der Druckerei erwähnt und für die ß-Alternative ›sz‹ ausschließlich druckpraktische Argumente findet, erscheint mir meine Interpretation nicht abwegig.
Obwohl mich die intensive Lektüre meines Textes eigentlich sehr freut, halte ich Ihre Vorwürfe: »Grimm das Wort im Mund herum drehen…« und »Herauspicken eines nützlichen Satzes und Anheften einer Fußnote« für mehr als ungerechtfertigt. Ebenso wenig verstehe ich, warum Sie dann »der Gerechtigkeit halber« in Anführungsstriche gesetzt haben.
preusss
Lasst es mich kurz machen, bevor in diesem Blog (der m.E. der falscheste aller geeigneten Plätze ist) weiter Messer gewetzt werden und der Diskussionsfaden länger und länger wird:amtliche Einführung der Minuskel ß 1901 (nach etlichen Vorstufen, die auch über Herrn Grimm führen)amtliche Einführung der Majuskel ß 2008 (nach etlicher Vorarbeit durch die Stötzners u.a.)Es liegt nun an den Schrift-Gestaltern, den Schriftanwendern die Möglichkeit zu geben, diese Glyphe verwenden zu können. Um nichts anderes geht es momentan. Die Glyphe ist und wird keine Pflicht und keine Foundry kann gezwungen werden, diese ins Programm zu nehmen. Einige werden es machen, andere sich weigern.
That’s life.
Sz. Szelp
Ähnlich wie Adam bevorzuge ich die Form aus dem „Gamma“ und dem 3-er-Zett, wie in [[ http://img60.imageshack.us/img60/9439/typologieundreflexe4sf.gif ]] zu sehen. (Siehe auch meinen Beitrag im typeforum.de vom 5.7.2006 und 10.7.2006.