Starbucks-Redesign: Mehr Macht für die Meerjungfrau
Vor fast 3 Jahren stellte ich an dieser Stelle die Frage: Starbucks … wie geht’s weiter? Jahrelang expandierte die weltgrößte Kaffeehauskette, 1971 in Seattle gegründet. Doch 2008 geriet Starbucks in die Krise. Der Gewinn brach um fast 70 Prozent ein, die Umsätze gingen rapide zurück. Im April 2008 kehrte ihr Mitbegründer Howard Schultz an die Unternehmensspitze zurück. Als ersten symbolischen Akt lässt er im Stammhaus und einer Flagship-Filiale in New Yorker das alte schwarz-weiße Logo von 1971 installieren. In den Monaten darauf fuhr Schultz einen harten Sanierungskurs. In mehreren Wellen wurden Stellen gestrichen und unrentable Läden geschlossen. Mit Erfolg: Ende 2010 steigerte der Kaffeebrauer erstmals wieder Umsatz und Gewinn und übertraf die Erwartungen der Analysten.
Nun kündigt Schultz, wenige Wochen vor dem 40 Geburtstag seines Unternehmens, das nächste Kapitel der Starbucks-Erfolgsgeschichte an – verbunden mit einer optischen Renovierung der Marke:
»Während der letzten 4 Jahrzehnte hat uns die Meerjungfrau dauerhaft begleitet. Nun unterziehen wir sie einer kleinen aber bedeutsamen Überarbeitung um zu demonstrieren, dass die Marke Starbucks ihre Tradition Ernst nimmt und auf eine wahre, den Markenkern betonende Weise ihre Bedeutung unterstreicht und in Zukunft wieder wächst.« verkündet Howard Schultz heute in einem Blogbeitrag auf der Unternehmensseite.
Auffälligstes Merkmal des zukünftigen Markenzeichens im Vergleich zum aktuell verwendeten ist die Entfernung der Schrift, genauer: die Ablösung des Firmennamens und des Hauptproduktes »Coffee«. Damit verdeutlicht das Unternehmen, dass es in den kommenden Jahren mehr anbieten möchte als Heiß- und Kaltgetränke inklusive den dazu passenden Backwaren. Das neue Signet soll ab sofort wie ein Qualitätssiegel für alle möglichen Produkte eingesetzt werden können.
In einem separaten Beitrag widmet sich der Seniortexter von Starbucks (Steve M.) ausführlich der Geschichte des Wahrzeichens: So, Who is the Siren? Er gibt zu, dass er sich die Frage nach dem Sinn der Meerjungfrau in den vergangenen Jahren immer wieder gestellt habe: »Ja, auch ein Texter ist bei einem Markenwandel gefragt«. Ursprünglich symbolisierte die Figur zwei Dinge: Die Hafen-Tradition von Seattle, der Heimatstadt von Starbucks, sowie den jahrhundertealten Handelsweg des Kaffees über die Meere.
Wörtlich schreibt Steve M.: »Over the last 40 years we’ve made some changes to that identity. Now we’re doing that again, to keep ourselves relevant as we evolve without ever losing sight of our heritage. But the Siren has always been there. She is at the heart of Starbucks. As a writer, though, I can tell you that there is a lot more to her than just the design and how she looks. This is what she means to me, and to us.«
Siehe auch: Fontblog-Beiträge vom 10. April 2008 Starbucks … wie geht’s weiter? und vom 4. Januar 2006 Starbucks gewinnt Logo-Streit in China.
(Abbildungen: http://www.starbucks.com/preview; Text und Übersetzung: Fontblog)
26 Kommentare
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Balthier9999
Wenn Starbucks seine Tradition wirklich ernst nehmen würde, hätten sie den Schriftzug beibehalten, denn der war, wie man sieht, seit Beginn dabei.
Mir gefällt das neue Logo nicht; für mich war der Schriftzug wesentlich prägnanter, als die Meerjungfrau. Ehrlich gesagt ist mir diese noch nie so wirklich aufgefallen. Ich kenne nur die charakteristische Schrift, die Sterne, das Grün und den Kreis.
Ben
sieht für mich aus wie ein Nordsee-Fischhändler ;)
Aber vielleicht steht der Name nun daneben. So viel ist ja nich nicht bekannt, oder? :-)
matthias
Der Markenkern liegt nicht in der Meerjungfrau, sondern im Produkt! Wenn das Produkt – und das meint nicht nur den Kaffee (oder Tee, oder Cake), sondern das Drumherum, die Bedienung, das Duzen, das Warten, die Sessel – wenn also das ganze Produkt (oder sein Mythos) einen derart satten Preis für 0,3 bis 0,5 l aufgegossene braune Brühe rechtfertigen kann, dann kann man auf den Becher drucken was der Geier will (siehe McDonalds) und man kann sich das ganze Markenkerngeschwafel sparen.
Es ist gefährlich aber zugleich extrem selbstbewußt, in einem derart gesättigten Markt ausgerechnet auf den Namen zu verzichten. Wo sich doch die Konkurrenz beeilt hat, ebenfalls runde Siegel mit mythologisch anmutenden Figürchen gegen den Marktprimus zu setzen und visuell so für den Laien recht ähnlich anmutet. Ist die Sirene wirklich so in den Köpfen verankert, dass sie als Qualitätssiegel funktioniert? Fühlt sich der Kunde wirklich irritiert, weil er hinter „Coffee“ keinen Tee mehr ernst nehmen kann? Warum rennen dann alle zu Tchibo und kaufen Golfclubmitgliedschaften, Socken, Skijacken und … kaum mehr Kaffee?
Reduktion an sich ist fein – aber nur die Reduktion aufs Richtige.
Also, lasst uns zu Arielle gehn‘, Tee versuchen …
Thomas Maier
Es macht natürlich schon irgendwie Sinn und wirkt moderner. Aber war es das wirklich wert? Und persönlich finde ich auch das alte irgendwie authentischer, gemütlicher, kaffee-iger. Jetzt ist es keine von oben fotografierte grüne Tasse mehr mit schwarzem Kaffee sondern ein Logo für ein Aquarium-Geschäft um es mal überspitzt auszudrücken.
Eay
Als alter Ariel-Fan kann ich mit dem neuen Schriftzug gut leben. ;)
Eay
* Logo. Nicht Schriftzug.
Christina
Der Beitrag ist interessant. Mir ist die Meerjungfrau erst jetzt wirklich aufgefallen?! Für mich hatte es nur ornamentale Wirkung bis jetzt … das stempelartige des Logos mit dem Namen ist in meinem Gedächtnis eher verankert als das Figürliche. Vielleicht hätte man mal so eine Online-Umfrage zur Wiedererkennbarkeit starten sollen.
thomas
stringenter gehts nicht – und überfällig war es ohnehin den ethisch angefaulten markennamen aus dem blickfeld zu holen. und one step ahead heißt eben heute auch nicht mehr, eine global uniforme erscheinung und aggressive ausbreitung eines luxurierten alltagsgeschäftes anzustreben, sondern das als die gutartige sekte zu verkaufen, an die die anhänger heute schon glauben. wo geht es denn da schon noch um coffee.
vgl. hierzu: http://www.huffingtonpost.com/naomi-klein/how-corporate-branding-is_b_427406.html the big brands in stealth mode
anderer tom
Finde ich einen mutigen Schritt. Die Sehgewohnheiten werden damit verändert – weg vom Wort, hin zur Form. Wirkt sympathischer und ist weiter weg von der rationalisierten Technokratie. Ein Logo, das ohne Namen auskommt, ist doch das beste, was einem Unternehmen passieren kann – aus der Sicht eines Gestalters.
Nadine
Ich finds klasse und logisch. Es ist viel cleaner und wenn man eine Marke einmal so weit aufgebaut hat und sie so bekannt ist wie Starbucks, kann man das auf jeden Fall machen. Ich find die Meerjungfrau als Bildmarke sehr schön und es ist echt interessant zu lesen, dass sie den meisten bisher offenbar gar nicht aufgefallen ist. Ich habe mich nämlich damals als erstes gefragt, was eine Meerjungfrau mit Kaffee zu tun hat (eigentlich nichts, wie man hier nachlesen kann).
Heinrich
ist das eine meerjungfrau oder ist das, das mädchen aus dem sterntaler märchen? was zum namen passend wäre.
Nadine
Offiziell ist es eine Sirene oder Nymphe, aber ich fand immer, dass es nach Meerjungfrau aussieht.
robertmichael
ich finds gut, werde trotzdem das alte logo vermissen. ich frage mich jedoch immer was das da an den seiten der meerjungfrau ist. ab dem 80er logo sieht es aus, als hätte sie netzstrümpfe an und würde die beine/den schwanz wie ein schlangenmensch spreitzen. hier hätte man doch die arme/hände besser ausarbeiten können, gerade jetzt beim redesign.
Pascal
identity killed
erik spiekermann
Wenn ein Name generisch wird für ein Produkt, braucht man ihn nicht mehr. Apple erkennt man am Apfelsymbol, Nike am Swoosh, Starbucks am grünen Irgendwas auf dem Becher, ist egal, ob da eine Sirene drauf ist oder ein Pudel. Auf jeden Fall ein mutiger und nötiger Schritt. In einem Starbucks Laden gibt es inzwischen so viele Produkte und Informationen, dass es Zeit wurde aufzuräumen.
Bin übrigens gerade in den US, wo natürlich die Wogen hoch schlagen. Die Leute tun so, als würde niemand mehr die Marke erkennen. Das Gegenteil ist der Fall.
erik spiekermann
@Pascal
identity killed.
Im Gegenteil. Starbucks ist grün, niemand anderem gehört diese Farbe in diesem Geschäft. Eine Identität besteht nicht aus einem Schriftzug, sondern aus dem Zusammenspiel vieler Elemente. Starbucks Produkte müssen sich nur im Umfeld von Kaffee und Café behaupten, nicht gegen Banken oder Autos. Da reicht grün und eine altmodische Darstellung mit maritimem Hintergrund. So kommt die Marke in die Zukunft.
Pascal
sry ich bleibe bei meiner meinung. ich persönlich finde zwar, dass das bei apple und nike zutreffen mag. aber ein ganz entscheidender teil der visuellen identität besteht für mich aus der blockigen type und den sternen. das erkennt man auch daran, dass kaum einer genau auf dem schirm hat, was diese sirene eigentlich ist, meerjungfrau oder was auch immer. die sterne und die type hat aber jeder sofort auf dem schirm. ich hätte eher die sirene gekillt als die typo. aber das ist vl auch subjektiv. einzig das argument, dass man sich aufgrund der invasiven filialpolitik vom namen lösen will, würde ich gelten lassen als pro zu dem aktuellen logo. darüber weiss ich aber zu wenig.
Anderer Jürgen
Ich bin ebenfalls der Meinung das die Sirene als Identifikationsmerkmal nicht ausreichend ist und keineswegs mit den genannten Beispielen Apple (Ein Apfelsymbol ist wahrlich klar genug um auf den Namen verzichten zu können) oder den Nike Swoosh (Angesichts des weltweiten Werbetats ein ganz, ganz andere Hausnummer als diese eine Kaffeekette) vergleichbar.
Ich persönlich habe die Marke sehr vielmehr mit der Kreistypo, den Sternen, und vor allem der Braun-Grün Kombination verbunden, ohne weitere Hilfen erkenne ich in der Sirene die Marke nicht wieder.
Zudem sehe ich ein weiteres Manko dieser Beschränkung: Am und im Laden wird es weiterhin einen Starbucksschriftzug geben müssen – es ist offensichtlich das die Sirene nie alleine stehen kann (Wie das z.B. beim Apple Logo funktioniert). Somit schafft man sich mehrere Wort und Bildmarken die, so ist es zu befürchten, recht unzusammenhängend nebeneinander existieren werden.
Von vielen möglichen gangbaren Wegen kann DAS in meinen Augen auf keinen Fall der für die Marke Starbucks optimalste gewesen sein.
Achim Schaffrinna
Was mit Blick auf die unzähligen Starbucks-Logo-Nachahmer leicht zu widerlegen ist. Hierzulande führt etwa auch Jacobs die Hausfarbe Grün und auch das World-Coffee-Logo ist grün(schwarz).
Christopher
Mal sehen, wie sich das dann noch weiter entwickelt, bei Graphjam haben sie mal einen Blick in die Zukunft gewagt… :)
Oliver Adam
Ich stimme Erik nicht zu. Es scheint zunächst logisch, Starbucks in einer Reihe zu sehen mit Apple, Nike, vielleicht auch Mercedes. Dennoch sind die Logos dieser Marken zunächst sehr viel einfacher. Die Meerjungfrau finde ich dagegen sehr komplex. Soweit die oberflächliche Sichtweise.
Dann: Wenn man sich das Bekenntnis von Schulz anhört, dass sie *immer* ein Kaffee-Verkäufer waren und bleiben werden, aber in Zukunft auch Dinge verkaufen wollen, die mit Kaffee nichts zu tun haben, wird die Sache schwieriger. Ich halte diese Strategie für einen schweren Fehler, weil Starbucks dadurch seinen Fokus zu verlieren droht – die typische Linie-Extension-Falle also. Starbucks steht für teuren Premium-Kaffee – und nicht für das Produkt XY. Also basiert das neue Logo logisch auf einer schlechten Idee – und das kann nicht gutgehen. Ich finde das Entfernen des Markennamens und dessen, für das Starbucks steht (»Coffee«), fast schon überheblich.
Wenn ich Berater wäre, hätte ich das Logo gelassen, wie es ist. Ich wäre nicht dagegen, dass Starbucks auch Nicht-Kaffee-Produkte vertreibt – dann aber unter einem anderen Markennamen. Richtig macht es aus meiner Sicht zum Beispiel Toyota mit seiner Edelmarke Lexus für Autos im Premiumsegment.
Ich würde nie einem Unternehmen die Chance nehmen, den Markennamen mit jedem Kontakt einzubläuen – gerade auch mit Blick auf die nachwachsende Generation, die die Verbindung Meerjungfrau-Starbucks-Kaffee eben noch nicht gelernt hat – zumal ich eine natürliche Verbindung Meerjungfrau = Starbucks = Kaffee nicht entdecken kann …
Jürgen Siebert
@Achim Schaffrinna: Die schiere Menge der Starbucks-Parodien und -Nachahmungen, auf die Du verweist (danke, eine köstliche Zusammenstellung), bestätigt die grüne, runde Vormacht der Marke in ihrem Produktsegment. Warum kopiert/persifliert niemand Jacobs? Weil diese Marke für selbst gebrauten Kaffee zu Hause steht. Verglichen mit der weltweiten Verbreitung von Starbucks-Cafés ist das, was Jacobs auf dem Gebiet Gastronomie veranstaltet, praktisch unbekannt. Ähnliches trifft auf Balzak, World-Coffe und vergleichbare Mitstreiter (Imitatoren) zu.
robertmichael
Außerdem muss man ein logo natürlich auch immer lernen, meine oma weiss auch nicht, wofür der apfel steht und vermutet hinter dem logo sicher irgendwas mit obst. ok, sie gehört auch nicht zur zielgruppe.
ähnlich ist das bei starbucks. wir kennen das signet mit dem schriftzug so wie wir apple noch mit garamond kennen … aber wer von der nachfolgenden generation kennt dies noch? wenn starbucks sein budget richtig einsetzt und das neue logo gut kommuniziert, werden wir in ein paar jahren den schriftzug nicht mehr vermissen, dann ist das grüne ding das logo von der kaffeefiliale ;)
Pascal
@robert. absolut deiner meinung, trotzdem frage ich mich was der benefit sein soll. dass man bei den spendings und der präsenz von starbucks innerhalb kürzester zeit einen switch in der wahrnehmung herstellen kann is denke ich klar, aber wo ist der vorteil auf die meerjungfrau zu gehen. ich finde grade bei einem traditionsprodukt wie kaffee kommt so ein historisierendes logo eigentlich genau passend inhaltlich ausserdem erweckt man so den eindruck die marke ist schon alt, was für mich im kontext kaffee eher ein vorteil zu sein scheint, schliesslich geht es hier nicht um hitech produkte. ich kann einfach keinen nennenswerten vorteil erkennen, warum man hier vereinfachen sollte.
ganz unabhängig davon finde ich ja das zeichen ganz ästhetisch, aber ich sehe das wie anderer jürgen. welche auswirkungen hat das auf die ladenbeschriftung, wie wird typo in kombination mit logo dann auftauchen. ich sehe ein zerfleddertes erscheinungsbild, vl bin ich da zu streng, aber „moderner“ ist für mich in dem fall kein vorteil, sondern ein nachteil.
Jürgen Siebert
Christophers Link #20 bringt die Vormacht von Starbucks im wahrsten Sinne des Wortes auf den Punkt :)
Vroni
@ Jürgen Siebert
so wirds sein.
Wie bei Marlboro.
Rot, ähm Grün ist alles.
^^
:-D