Null Bock auf Typografie im Pergamonmuseum
Ein bedeutendes Museum, ein großartiger Ausstellungstitel (»Das abc der Bilder«), sechs vielversprechende Sektionen (abc, Schrift als Bild/Bild als Schrift, Signal und Rauschen, Codes, Sprechende Bilder, News) … und trotzdem zieht mich nichts zur Museumsinsel. Warum, verrate ich am Ende. Erst ein paar Fakten.
»Das abc der Bilder« im Pergamonmuseum ist der zentrale Ausstellungsbeitrag der Staatlichen Museen zu Berlin zum Jahr der Geisteswissenschaften, das unter dem Motto Das ABC der Menschheit steht. Das große Thema der Ausstellung ist die Magie von Sprache und Schriftzeichen in der Bildenden Kunst von den frühen Hochkulturen bis in das 21. Jahrhundert. »In sechs Sektionen wird die Funktion von Schrift im Bild in der ganzen Vielfalt ihrer Aspekte erlebbar …« sagt die Presseabteilung.
Eine zweite Ausstellung heißt »Sprache – Schrift – Bild: Wege zu unserem kulturellen Gedächtnis« und erstreckt sich über das gesamte Pergamonmuseum sowie das Obergeschoß des Alten Museums. In 17 Projektstationen werden aktueller Kommunikations-Forschungsvorhaben präsentiert, die vom altägyptischen Wörterbuch und literarischen Keilschrifttexten aus Assur bis zum Kirchenlehrer Augustinus reichen.
Warum weiß niemand in Berlin etwas von diesen bedeutenden Ausstellungen, die seit einer Woche eröffnet sind? Weil es keine verlockende Werbung dafür gibt. Das dröge Faltblatt für »Das abc der Bilder« (Design: allstarsdesign … die können es besser, es wird nicht an ihnen liegen) vermittelt den Charme einer Sparkassen-Ausstellung und wird in seiner Bedeutungslosigkeit nur noch von den witzlosen Internetseiten übertroffen, die ich oben bereits verlinkt habe. Die Bildergalerie zur Ausstellung 1 besteht aus dem Wissenschaftsjahr-Logo und einer winzigen Roy-Lichtenstein-Grafik, die Bildergalerie zur Ausstellung 2 zeigt zusätzlich eine Statue aus der Antikensammlung. So viel Null-Bock-Haltung gegenüber der eigenen Arbeit ist mir bei einem staatlichen Museum bisher noch nicht begegnet. Das dumme daran: Es wirkt ansteckend auf potentielle Besucher.
5 Kommentare
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microboy
mir fiel der flyer auch eher zufällig vor ein paar tagen in die hände. ich werd trotzdem versuchen mir die ausstellung anzusehen – hoffentlich ist die ausstellung besser als die schlechte kommunikation dazu.
Sharif
Ich werde Ende des Monats Juli auch ein verlängertes Wochenende in Berlin verbringen. Ärgerlich, daß man nicht viel über diese sicherlich interessante Ausstellung erfährt. Die Web-Seiten sind wirklich ziemlich unergiebig. Wo gibts denn den Flyer?
Gruß, Sharif
Marc
Danke für den Tip Jürgen, aber woher weißt du es?
Jürgen
Mein Kollegin Anne hat mir gestern das zitierte Faltblatt auf den Schreibtisch gelegt. Sie hat es von Ihrem Mann, der es aus dem Yorck-Kino mitgebracht hatte.
Heinz
Das abc der Bilder ist eine sehr schlecht inszenierte Ausstellung, bei dem völlig verkopfte Beamte und Angestellte zu viel Geld hatten und es deshalb zum Fenster rausgeschmissen haben. Trotzdem stimmt der inhaltlich- konzeptionelle und auch aesthetische Ansatz, mit dem die tollen Einzelobjekte zusamengestellt wurden. Wem Inhalt wichtiger ist als Form, für den gilt: den Flyer in die Tonne stampfen und hingehen . . man wird trotz üppiger Spanplattenverbretterung, plüschigem Austellungsmief und puffartiger Stilistik das Blickfeld erweitern – außerdem ist Dürers Ehrenpforte ausgestellt!!!