Menschen vor Migrationshintergründen
Vor drei Tagen verschickte die NPD an 30 Politiker mit Migrationshintergrund eine Aufforderung, Deutschland zu verlassen. Dieser Fall veranlasste die Fakultät für Gestaltung der Hochschule Mannheim zum spontanen Fotoprojekt »Menschen vor dem Migrationshintergrund«.
Nach dem Motto »Alle Menschen haben einen Migrationshintergrund – fast überall« demonstriert das Fotoprojekt auf erfrischende Weise, wie man der endlosen Debatte um das Thema »Integration und Toleranz« mit Humor eine Begriffszersetzung entgegenhalten kann. Die Initiatoren der Aktion – Prof. Kai Beiderwellen, Rainer Diehl (Fotos) und Bernhard Pompeÿ – schreiben auf der dazugehörigen Webseite: »Wirtschaftsflüchtling, Asylant, Gastarbeiter, Einwanderer … Migration – das hört sich irgendwie nach Wanderferien, Exotik oder sogar Abenteuer an. Aber auf jeden Fall harmlos. Da ist keine Bedrohung in diesem Begriff. Er impliziert auch das Nicht-Dauerhafte/Endültige. Wer migriert, migriert vielleicht ja auch wieder weg.«
Jeder ist eingeladen, den Mannheimern ein Foto von sich vor einem Migrationshintergrund per Mail zu senden (b.pompey@hs-mannheim.de). Diese werden dann auf der Seite Migrationshintergrund veröffentlicht.
15 Kommentare
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toby
Eine sehr schöne Idee, schade dass ich hier im Büro keinen Migrationshintergrund habe, sonst würd‘ ich gleich ein Foto machen ;)
Detlef D. Seiner
Sehr gut!
DanU
gute antwort auf die hohlkopfaktion – i like!
moma86
super idee. zeigt diesen deppen wo es lang geht :-)
Björn Berger
so nice….
KurtE
Widerspruch: Postkartenmotive als wörtlichen Migrationshintergrund zu verwenden, ist nicht nur naiv, sondern verharmlosend. Damit wird die kulturelle Prägung zu einer netten Sommerurlaubserfahrung verniedlicht.
Auch wenn Ihr das noch so nett findet, es ist nur von der Tapete bis zur Wand gedacht.
Das, was nach der offiziellen Sprachregelung ein Migrationshintergrund ist, ist eben nicht geografisch gemeint, sondern kulturell. Zwar lässt sich Kultur weit überwiegend geografisch verorten, aber eben nicht grundsätzlich. Sonst wären die ganzen Weddinger „Kulturbereicherer“ (meint Enkel der 1.türkischen Gastarbeitergeneration) nur Berliner und keine „Jugendlichen mit Migrationshintergrund“. Und ausserdem könnte man dann auch von einer deutschen Leitkultur sprechen.
Diese Idee ist ein nichttragfähiger Schnellschuß. Genauso unintelligent wie der linksextremistische Spruch von jedem Menschen, der fast überall ein Einwanderer sei oder die Gleichsetzung von Nazismus mit Frakturschrift.
Ich weiß, wovon ich rede. Bekanntermaßen bin ich in Dresden. Als Dresdner ist man schon länger mit der Dreistigkeit der NPD konfrontiert. Es macht definitiv keinen Spaß mit solchen Leuten, die von einem Bombenholokaust schwadronieren und uns Dresdnern unseren stillen Trauertag am 13. Februar genommen haben. Stattdessen wird dieses Datum missbraucht, so wie die Nazis immer alles und jeden für ihre Ziele missbraucht haben. Insoweit passen diese Briefe voll ins Bild.
Und andererseits hört man von Menschen mit Migrationshintergrund auch nur in Zusammenhang mit Verbrechen.
Wenn ich auf der Hompage lese: „Wir werden in unserer Gesellschaft unsere mangelnde Toleranz und unseren beschämenden Umgang untereinander nicht mit Begriffsjonglagen und den daraus resultierenden Vertagungen lösen.“ dann kann ich nur den Kopf über soviel Realitätsverweigerung schütteln. Offensichtlich verleugnen diese Leute den Begriff Kultur. Denn Kultur geht immer von einer Abgrenzung aus. Immer.
Aber damit bin ich schon in der nicht genehmen Begriffsjonglage. Allerdings muß ich deshalb nichts vertagen. Ich habe einen funktionierenden, praktikablen Kulturbegriff. Andere Völker haben den übrigens auch. (Versucht mal, in Saudi-Arabien eine Sonntagsmesse zu besuchen) Warum ich nun ständig tolerant sein soll, wird ein Geheimnis des Zeitgeistes bleiben. Niemand kann immer tolerant sein. Es sei denn, er/sie wäre geistesgestört oder sonstwie unreif.
Seid ihr das? Ich nicht.
sharif
Toleranz ist eine Tugend des Stärkeren.
Seih‘ nicht so eine Memme KurtE, wir schaffen das schon.
phil
Humor war, ist, bleibt eine starke Waffe, aber mir fehlt hier Substanz. Ein schwaches Wort-Bild-Spiel, klischeebehaftete Motive und ein Motto, dass unmotiviert adaptiert wirkt.
Das kann man Spontan nennen; ich nenne es einen Schnellschuss.
paul
@KurtE
warum ich tolerant bin und mir Migranten wünsche? Ganz einfach weil mich die konservative deutsche Leitkultur langweilt und nervt. Für mich als gläubig und bekennenden Christen ist es bereichernd eine Moschee in Nachbarschaft der Kirchen zu haben, so muss ich z.B. nicht in die Türkei um mehr über den Islam zu verstehen, ganz ohne aktiven Missionsgedanken.
Es ist bereichernd auch mal Englisch oder eine andere Sprache mit Leuten zu reden und ja auch das Erlernen von wenigen türkischen, arabischen, russischen, polnischen, kroatischen Worten bereichert meinen Horizont und schafft unglaubliche Sympathien, auch für meine Sprache.
Ich will einfach nicht mehr in einem rein christlichen Abendland mit glücklichen 2-Kopf-Familien leben, ich würde München sofort mit Berlin tauschen, wo ich mein Obst beim freundlichen Türken kaufen kann :-)
Das Schaffen einer neuen gemeinsamen weltweiten Kultur ist für mich mehr wert, als die Erhaltung der Werke jedes kleinen Ortsdichters! Soll sich unser Goethe doch mal an chinesichen Literaten messen, wenn störts? Goethe sicher nicht mehr! ;-)
Deswegen Toleranz, weil ich – und viele andere das wollen! Weil wir gelangweilt von „dem engstirnigen Deutschen“ sind und uns mit „dem Türken“ mindestens so gut verstehn.
Ob wir dafür in Deutschland die Mehrheit bekommen? Mal schaun! :-)
Dave
Von Kurt E:
„Denn Kultur geht immer von einer Abgrenzung aus. Immer.“
Neeee klar. Es gibt auch Kulturen die aussterben… rate mal welche!?
rebus
»Ich habe einen funktionierenden, praktikablen Kulturbegriff.«
ziemlich typisch ist es, dass nach solchen sätzen, die demonstrativ entschiedenheit vermitteln sollen, gar nicht erwähnt wird, um welchen kulturbegriff es denn nun geht, sondern nur noch vage andeutungen folgen. also anscheinend doch nicht ganz so funktionierend.
Simon Wehr
Nun, was mir bei den Migrationshintergründen fehlt, wäre eine zerbombte Häuserkette oder Menschen mit Knüppeln und Gewehren. Postkartenmotive reichen mir da auch nicht aus. Die Aktion mag ein Schnellschuss sein. Aber sie regt zumindest hier zum Diskutieren an. Und damit hats sich schon gelohnt, finde ich.
Ich bin übrigens nicht gelangweilt von unserer wunderbaren deutschen Kultur. Genausowenig wie von jeder anderen, die sich hierzulande mit der deutschen vermischt! Kultur mag sich abgrenzen, so wie Musik- oder Literaturstile sich abgrenzen. Wo ist da ein Problem? Aber sie entwickelt sich weiter und vermischt sich und greift von allem Elemente auf.
Nata
Eine interessante Diskussion hat sich hier entwickelt.
Da ich Ausländerin bin, bzw. in Griechenland geboren hier aufgewachsen würde ich mal behaupten dass ich ein Mensch mit Migrationshintergrund bin.
Und ehrlich gesagt finde ich die Idee mit den Bildern nicht gut. Wie Phil schon sagt “Ein schwaches Wort-Bild-Spiel, klischeebehaftete Motive und ein Motto, dass unmotiviert adaptiert wirkt.”
Denn ich bin noch gerade am überlegen ob ich das nicht schon fast beleidigend finden soll. Meinen Migrationshintegrund kann man weder auf dieses Wort “Migrationshintegrund” noch auf ein Bild im Hintegrund reduzieren. Es ist viel mehr, Kultur und Familie. Das kann man nicht wegrationalisieren.
Das heißt nicht dass ich die Briefaktionen der NPD gut finde.
Ach ja, @Paul
Der “nette” Gemüsehändler mit Migrationshintegrund ist vermeidlich freundlich. Ob er’s ehrlich meint? Zu 90% nicht (ich spreche aus Erfahrung). Da sind mit teilweise griesgrämige Deutsche lieber, denn die sind wenigstens Echter.
Elmar
Gibt es das Corporate-Design-Schriften-PDF noch irgendwo zu laden? Der Link hier funktioniert nicht mehr: https://www.fontblog.de/cfschriften.pdf
Thank you.
philipp
Nase zeigen statt Nase rümpfen, bitte. Die personen (und davon möglichst viele) im Vordergrund sind für dieses Projekt wichtiger als der „Migrationshintergrund“. Wenn Euch die Hintergründe zu platt sind, dann strengt Eure kreativen Köpfchen an, lasst Euch was besseres einfallen und schickt’s nach Mannheim, anstatt im Fontblog drüber zu räsonieren. Ich habe sofort teilgenommen, so schnell, daß ihr mich nun für die technische Qualität ohrfeigen könnt. Mir egal, bessermachen!
Bitte mehr solche Schnellschüsse. Solange keiner das Rezept gegen die npd in der Tasche hat, muss man sich eben exponieren und ihnen jeden Zentimenter öffentliche Aufmerksamkeit SOFORT streitig machen. Nicht zu lange überlegen. Zu diskutieren gibt’s mit assozialen Menschenverächtern sowieso nichts.
–>#6: Über Toleranz kann man diskutieren, über Intoleranz nicht.
Liebe Mannheimer, mit Websites, die übers Wochenende erstmal Pause machen, kommen wir leider auch nicht weiter ;–)
gruss vom deutschen emigranten