Helvetica, Neue

Erik Spiekermann kämpft auf Twitter im englisch­spra­chigen Raum gerade einen ziem­lich aussichts­losen Kampf, auch wenn Hunderte Schriftliebhaber ihm beipflichten:

Das erin­nerte mich an mein Gastspiel bei der Bundeswehr Mitte der 70er Jahre. Neben der Eingangstür unserer Sechs-Mann-Stube hing eine Inventarliste, auf der die Möblierung fest­ge­halten war. Da standen dann Begriffe wie:

  • Tisch, Ess-, 1
  • Stuhl, Ess-, 6
  • Bett, Doppel-Stock-, 6
  • Eimer, Abfall-, 2
  • und so weiter 

Ich konnte mich nicht zurück­halten und schrieb »Schimmel, Amts-« darunter, was uns ziem­li­chen Ärger einbrachte. Das Prinzip der Gruppierung von Objekten mittels Basisname und Zusatz (heute würden wir Clustern sagen), war eine Methode aus der Vor-EDV-Zeit, um Einträge in Listen schnell zu finden. Ein Tisch war immer unter T auffindbar, egal ob es sich um einen Esstisch, einen Schreibtisch, einen Zeichentisch oder welchen Typ auch immer handelte und eben­falls egal wie man dazu in Bayern oder in Norddeutschland sagt.

Genaus so erging es der Neuen Helvetica, als sie Ende der 1980er Jahre erst­mals in den alpha­be­tisch sortierten Schriftmenüs von Textverarbeitungen auftauchte. Damit sie nicht bei N zu finden ist, bzw. verloren geht, gaben ihr Font-Techniker den Namen Helvetica Neue. Dadurch landete ihr Name direkt unter der »alten« Helvetica (auf meinem Mac-OS übri­gens bis heute). Genau so verfuhr man übri­gens mit Herstellerkürzeln vor Schriftnamen: aus einer ITC Stone wurde Stone ITC.

Heute gibt es keinen Grund mehr für diese Art von Namensverdrehungen. Alle Datenbanken (z. B. das Font-Menü) wie auch digi­tale Objekte für diese Datenbanken (Font-Dateien) bieten die Interpretation (das Feld) Sort Name an, also jene Bezeichnung, mit der das Objekt in alpha­be­ti­sche sortierten Listen erscheinen soll.

Es gibt vor allem keinen Grund, sich den Namenstausch außer­halb der EDV anzu­eignen. Neue Helvetica ist und bleibt Neue Helvetica, auch wenn Macintosh OS und Windows-Programme etwas anderes behaupten. Leider sind sie mäch­tiger und weiter verbreitet als das Wort der Experten.


1 Kommentare

  1. Tom

    Es ist wie die allseits bekannte „TheSans“.

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