Formen finden und nicht stehlen (3)
Viel habe ich nicht herausgefunden, über das Kunstgewerbehaus Wilhelm Fahrig in Braunschweig. Es wurde 1918 gegründet, in den 1960er Jahren residierte es im Bohlweg 11, später kam eine Filiale in der Schleinitzstraße hinzu. Bei eBay werden hin und wieder zweiarmiger Kerzenleuchte mit der Beschriftung »Wilhelm Fahrig Braunschweig« angeboten. Vielleicht hieß es in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch schon mal »Farben Fahrig«. Ich schließe das aus einem Aufkleber, den mir Romas Stukenberg aus Bremen heute mailte. Er schreibt dazu: »Diesen Aufkleber fand ich auf einer alten Letraset-Broschüre … aus einer Zeit, in der es noch 4-stellige Postleitzahlen gab. Aufgestöbert in einem längst vergessenem Regal.«
Vor 5 Jahren schrieb ich erstmals hier im Fontblog über einen Vorläufer des FontFont-Logos. Er begegnete mir auf dem Cover eines Buches des in Designerkreisen nicht unbekannten Anton Stankowski. Titel des Werkes: FormFinden … in der Mitte ein riesiges FF-Logo, auf der Spitze stehend. Mein Botschaft damals wie heute: Wenn sich eine Kombination von Formen anbietet, können Menschen zu unterschiedlichen Zeiten und an unterschiedlichen Orten die gleiche Idee haben. Dies sollte vor der Beurteilung von Logo-Kongruenzen stets im Kopf haben.
Im Mai 2008 folgte Teil 2 der Serie »Formen finden und nicht stehlen«. Mal sehen, wie es weiter geht.
Die fi-Ligatur in der Headline dieses Beitrags sieht unter Safari kaputt aus (Typekit), Firefox-Nutzer genießen sie störungsfrei, dank lokal gehostetem FF Yoga Sans .woff-Font; Explorer-User ebenso (mittels .eot-Font). Nun weiß ich auch, dass ich diesen Beitrag in der Kategorie Eigenwerbung (»In eigener Sache«) ablegen muss.
15 Kommentare
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<em>kursiv</em> <strong>fett</strong> <blockquote>Zitat</blockquote>
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sebber
In Chrome ist die Ligatur in der Überschrift auch nicht gerade schön.
Aber hier unten im Eingabefeld funktioniert alles wunderbar.
Tobi
@sebber: Safari=Webkit=Chrome
drossmedia.com
Puh. Fahrig am Bohlweg. Um 1988 habe ich da noch vereinzelt HKS-Bögen gekauft^^. War damals so ein kleines, verwinkeltes Lädchen in der 1.Etage. Gibt’s den noch?
annonuem
Also zum fi: in Opera 10.10 siehts irgendwie auch gut aus! Das freut mich.
HD Schellnack.
Ich glaub, das ist hier eher Zufall oder?
Außerdem gehört Stehlen absolut zur ersten Bürgerpflicht jedes Designers.
Jürgen Siebert
@ annonuem: Du siehst in Opera gar keinen Webfont, weil weder @font-face noch Typekit unterstützt werden. Was Du siehst, ist die Standard-Sans (wahrscheinlich Verdana) … schön, dass die Ligatur hier auch in Ordnung aussieht.
seb.
Herr Drossmann! Fahrig gibts schon lange nicht mehr, sie haben vor Jahren zugemacht. Und zum Schluss hatten sie auch ein anderes Logo, glaube ich. Aber das war in den 80ern die Adresse in Braunschweig für Rotring-Tusche, Rubbelbuchstaben und Rasterfolien. Mit dem Einzug des DTP brach da natürlich ordentlich was ein. Es gab noch einen zweiten Laden in Braunschweig: Störig – ähnliches Sortiment. Und wenn damals in der Agentur der Bogen Futura Condensed Extrabold alle war, hieß es immer: „Fahr‘ ich zu Störig oder stör‘ ich bei Fahrig?“
gruss, seb.
drossmedia.com
@7 Bist Du der seb (sebscho), den ich kenne?
Ja, die haben den Sprung in die Digitale nicht so ganz geschafft. Übrigens hatten die damals eine ganz tolle, kunsthandwerkliche, wappenartige Kennzeichung aus Metall über der unscheinbaren Eingangstür am Bohlweg. Wahrscheinlich war die Retro-Welle noch nicht ganz erfunden und sie haben sich für die geometrische Stankowski/FontFont-„Adaption“ entschieden.
Jürgen Siebert
@seb: Störig Schreibkultur scheint es noch zu geben. Wäre ich Störig, hätte ich Fahrig damals gekauft, den Laden als Lokal vermietet unter der Bedingung, dass die Beschriftung bleibt, nur um den geilen Spruch für die Werbung zu benutzen :)
zaungast
zum thema alles gab es schon immer und kein gedanke wird zum ersten mal gedacht, (besonders nicht unter gestaltern ;) ):
http://blog.dingeundsachen.com/booka-shade-vs-block-schrift
drossmedia.com
Auch wenn es jetzt ein bisschen durcheinander geht:
– Der Störig musste auch verkleinern und konnte wohl niemanden aufkaufen, Spruch von Seb ist super.
– Die kreative Umnutzung von Bookashade nach 52 Jahren finde ich legitim, den historischen Klau von Fahrig, der ja dieselbe Branche bedient, allerdings nicht.
Thema Webfonts:
– Meine Kundenstruktur zwingt mich, zu Webfonts eine viel pragmatischere Haltung zu haben, als das was man hier im Fontblog als Fontshop-Betreiber so ausprobieren oder auf seiner Designer-Webseiten so machen kann.
– Hier ist mir noch aufgefallen, dass die URL durchs einsetzen der Ligatur beschädigt ist: „/formen-nden-und-nicht“. Das ist ein Nachteil.
seb.
@ Herrn Drossmann: ja!
@ Jürgen Siebert: ja, Störig gibt es in der Tat noch. Vor einigen Jahren konnte man da noch Ersatzteile für Rotring 600 Schreibgeräte (der Zahnarzt-Kuli) erstehen, als das Sortiment schon nicht mehr am Markt war. Und es gab da eine sehr nette ältere Dame, die auch privat alte Kolbenfüller restauriert hat. Schreibkultur vom feinsten.
seb.
Ich muss doch noch mal zu Fahrig was schreiben. Ich bin auf dem Weg nach Hause heute Abend noch mal dran vorbeigefahren – das Wappen hängt immer noch über der Tür und hat im Gegensatz zu dem Logo oben auf dem Aufkleber auch seinen speziellen typografischen Reiz:
http://www.sebshow.net/div/fahrig.jpg
thomas junold
@seb: das schild ist allerdings sehr geil. :) danke für das foto. komisch dass wir grafiker der dtp-ära immer so sentimental werden, bei den dingen aus dieser zeit. zumindest geht es mir so. könnte daran liegen, dass das aufbruchzeit war :)
drossmedia.com
Hey, danke Seb. Ich wäre da erst am Montag vorbeigekommen und war schon ganz ungeduldig^^ Am allerbesten ist dieses flachgelegte B für „in Braunschweig verwurzelt/groß geworden“. Die Granitplatten sind relativ neu, meine ich. Früher war die Wand gelb oder cremeweiß gestrichen. Da hat sich also jemand richtig Mühe gegeben, das zu erhalten.