In Arbeit: Die Schrift ohne EigenschaftenKai Bernau studiert an der Schriftentwerferschmiede
schlechthin, The Royal Academy of Fine Arts in Den Haag. Seine
Abschlussarbeit widmet sich dem Thema »Neutralität im
Grafikdesign«, speziell in Typografie und Schriftgestaltung. Bernau
entwickelte eine maximal neutrale Schrift, indem er das mathematische Mittel aus
10 Sans-Serif-Schriften bildete, die bereits als weitgehend sachlich geltenden:
AG Buch, Neue Helvetica, Univers, Grotesque, Franklin Gothic, Frutiger, Trade
Gothic, Documenta Sans, The Sans und Syntax. Weiterlesen ...
Aus dem programmatischen Einleitungstext der Diplomarbeit von Kai
Bernau:
»Kann eine Schrift ›neutral‹ sein? Gerade weil es Schriften geben soll, die ›neutraler‹ als andere sein wollen, wird der ursprüngliche Anspruch – die Idee der Neutralität – wieder zunichte gemacht. Zum Beispiel Helvetica. Da diese Schrift allgegenwärtig ist und als universell gilt – wobei alle Designer die Ansicht teilen, dass sie keinen Charakter habe –, wurde ihr im Laufe der Zeit genau die Eigenschaft zuteil, keine Eigenschaft zu haben. Das in Amsterdam angesiedelte Design-Kollektiv Experimental Jetset beschreibt Helvetica als überhaupt nicht neutral, stattdessen als selbstbezogen. Der Mythos einer Helvetica als neutrale Schrift sei das Ergebnis einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Dabei ist es egal, ob der Helvetica-Nutzer sich dieses Mythos bewusst ist oder tatsächlich glaubt, eine neutrale Schrift einzusetzen. Neutralität anzustreben bedeutet tatsächlich einen starken Wert zu kommunizieren, namentlich sich selbst: So wie man eine treffende, ausdrucksstarke Schrift wählt, um beim Leser eine bestimmte Assoziation auszulösen, soll eine neutrale Schrift solche Assoziationen unterdrücken. Sie soll den Text zwar unterstützen, aber keine ›angemessene‹ Atmosphäre hinzufügen. Im Mittelpunkt steht ausschließlich der Text. Diesen leicht zugänglich zu machen und die Gedanken des Lesers auf den Inhalt zu lenken, und nicht auf den Kontext drumherum, ist die Aufgabe einer neutralen Schrift.« Schriftmuster der beiden Neutrality-Schnitte von Kai Bernau Doch wie kommt man zu ›der neutralsten Schrift‹? Zunächst durch das Vergleichen und »Aussortieren« von Schriften. Anschließend suchte sich Kai Bernau 10 als sachlich eingestufte Schriften heraus (AG Buch, Neue Helvetica, Univers, Grotesque, Franklin Gothic, Frutiger, Trade Gothic, Documenta Sans, The Sans und Syntax), die er mathematisch vermaß: Messtabelle, veröffentlicht auf Kai Bernaus Internetseite Letterlabor So entstanden die ersten beiden Neutrality-Schnitte: Roman und Bold. Beide sind noch nicht komplett ausgebaut. Demnächst widmet sich Kai Bernau den dazugehörigen Italics. Den Kern seines Diplomprojekts bildet ein Forschungsbuch, das die Entwicklung der Begriffsbildung von Neutralität darstellt – nach eine langen Phase der Meditation und Diskussion. Zu Bernaus Beratern gehören Daniel van der Velden (NL), Experimental Jetset (NL), Uwe Loesch (DE), Bernd Kuchenbeiser (DE) und Helmut Schmid (CH/JP). Gerade die Gespräche mit den Mentoren führten schließlich zur Definition des Neutralitätsbegriffs in der Typografie. Weitere Informationen zur Diplomarbeit finden sich auf seiner Internetseite: Schriftmuster Neutralschrift Regular Schriftmuster Neutralschrift Bold Gesamtschriftmuster als PDF Messtabelle der 10 Schrift-Inspirationen Leseprobe Neutrality-Buch Übersicht der Poster Mit einer Serie von Postern überprüft Kai Bernau die Neutralität seiner Schrift ... ... fügt sie dem Text tatsächlich keine eigene Note bei ... ... ist sie stark und neutral genug im Zusammenspiel mit einem Foto? Herausgegeben: Fr - November 11, 2005 at 08:46 vorm. | |
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