Als Profi auf einen grünen Zweig kommen
Vor 6 Jahren erzählte mir Erik Spiekermann eine Anekdote, die treffend beschreibt, warum manche Berufstätige auf keinen grünen Zweig kommen. Die Geschichte passt zu den Kommentaren des Beitrags »Eine schlechte Nachricht für Schriftentwerfer/innen«, wo es sinngemäß heißt: ›Ich muss mit raubkopierten Schriften arbeiten, weil ich keine angemessenen Rechnungen schreiben kann‹ (stark vereinfacht zitiert).
Darum hier noch mal die Geschichte von APO-Gunter, einst in Sie-Form abgedruckt in FontShops »Rechtsratgeber-Schrift« (veraltete PDF-Version 890 KB downloaden).
Über Traumautos und Traumschriften
Mein Freund Gunter ist Alt-68er. Heute leitet er ein Automobil-Forum in Berlin Mitte. Ende der 60er Jahre machte er einen Bogen um jeden Neuwagen. Stattdessen klaute er sich im Baumarkt Werkzeug und reparierte gegen Gefälligkeiten im Hinterhof die Blechkarossen seiner Freunde.
Irgendwann kannte er sich in der Stadt mit Motoren besser aus als jeder KFZ-Meister. Er merkte aber auch, dass ihn diese Art Nebenbeschäftigung nicht weiterbrachte. Vor allen Dingen brachte sie ihn nicht dem Traumwagen näher, den er sich so sehr wünschte: einen (weißen) Jaguar XK150 Roadster, Baujahr 1958, 6 Zylinder, 250 PS.
Ein längeres Gespräch mit Gunter brachte die Kehrtwende. Er pumpte sich bei mir 5000 Mark, mietete eine stillgelegte Tankstelle in Mauernähe, kaufte Werkzeug und Hebebühne und verschaffte sich – geschickterweise in Taxifahrerkreisen – binnen Wochen den Ruf, schnell und zuverlässig zu reparieren. Es dauerte keine 12 Monate, bis die Schulden zurückbezahlt waren und sein Traumwagen vor der Tür stand. Den Rest der Geschichte steht oben.
Mit dieser Anekdote möchte ich illustrieren, dass das »Ausprobieren« von Schriften seine Grenzen hat. Nichts gegen kapitalistische Sandkastenspiele: Doch sobald die erste Rechnung deinen Drucker verlässt und die mit »raubkopierten« Fonts geschrieben ist, muss dein kreatives Gewissen Alarm schlagen.
Du hältst die eigene geistige Arbeit für entlohnenswert, also solltest du auch das kreative Schaffen anderer honorieren, das heißt Anwendungssoftware und Schriften lizenzieren. Ich prophezeie dir und spreche aus Erfahrung: Tust du es nicht, wirst du deine eigene Arbeit bis zum Ruhestand unter Wert taxieren und dir nie den Traum erfüllen können, der dich jahrelang begleitet hat. Traurig aber wahr!
Erik Spiekermann (Abb: jaguar.co.uk)
60 Kommentare
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Maegz
Erik Spiekermann hat Recht. Die Befürworter des freien Ausprobierens im anderen Posting aber auch. »… dass das ›Ausprobieren‹ von Schriften seine Grenzen hat. Nichts gegen kapitalistische Sandkastenspiele« Ich kenne das Problem, Entwürfe abliefern zu müssen, die den Kunden geschmacklich überzeugen sollen. Gefällt ihm die Schrift, war die Investition richtig. Lehnt er die Typo ab, kostet es mich Geld. Im Gegensatz zu Frisören oder Taxifahrern müssen Gestalter mit diesem Risiko irgendwie zurecht kommen. Aber kein Kunde würde schon für den Entwurf die Kosten einer Schriftfamilie zahlen wollen. Beim Frisör wird niemand die Dienstleistung ablehnen, weil ihm die Schere nicht gefällt.
Natürlich ist es selbstverständlich, Schriften zu bezahlen, wenn man Rechnungen für die mit ihnen erstellten Arbeiten schreibt. Aber was genau spricht eigentlich gegen das Ausprobieren von Schriften im realen Einsatz (gerne auch als Online-Lösung)? Das Flash-Intro auf der Fontshop-Seite ist nett, aber für einen Mengentext reicht es einfach nicht.
Simone
An das Intro (war’s doch, oder?) des »Rechtsratgeber Schrift« erinnere ich mich noch aus meiner Linotype-Zeit ziemlich gut. Da saßen wir alle da und fanden Eure Idee klasse!
Und dass sie immer noch gültig ist, macht sie nur noch besser.
Jürgen Siebert
Ich verstehe den Wunsch nach besseren Online-Tools für das Testen von Schriften. Der Relaunch der FontShop-Seite wird da nicht nur einen Schritt nach vorne machen, sondern mehrere gleichzeitig.
Wenn es um Schriften für Drucksachen geht, hilft das Online-Ausprobieren nicht viel weiter. Ein gedrucktes Original ist nötig, entweder aus dem FontBook, anderen Schriftmusterbüchern oder eben Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Broschüren. Und über eines muss man auch verfügen, gerade als Designer: Vorstellungsvermögen. Sollte nach einer guten Ausbildung entwickelt sein, jedes Jahr Berufserfahrung steigert es.
@ Maegz: Widerspruch beim Beispiel Friseur und Taxifahrer: Wenn ich mich in einer fremden Stadt für einen Friseur entscheide, bleibt mir nichts anderes als ihn nach Aushang, Einrichtung und auch seinem Werkzeug zu beurteilen. Wenn der Haarschnitt trotzdem Mist geworden ist, wird er einen Teufel tun und mir einen Nachlass gewähren. Bei Taxifahrern wähle ich durchaus nach dem Fahrzeug, vor allem im Ausland (London ausgenommen); auf den Fahrpreis hat das auch hier keinen Einfluss.
Klaus
»Wenn es um Schriften für Drucksachen geht, hilft das Online-Ausprobieren nicht viel weiter. Ein gedrucktes Original ist nötig, entweder aus dem FontBook …«
nach dem Erscheinen des neuen Fontbooks hatte ich (noch im alten Blog?) mal gefragt, ob es nicht PDFs der einzelnen Fontbook-Teile geben könnte – nun nicht gerade mit eingebetteten Schriften, aber in einigermaßen druckbarer Qualität. Das hilft zwar bei dieser Grundsatz-Debatte nicht weiter, würde es aber z.B. einfacher machen, den Kunden auch mal eine Übersicht über einige Schriften mitzugeben (ja, man kann das Teil auch auf den Kopierer legen, aber …).
Markus
Also das mit der Moral ›wer Anderen ihre Leistung nicht vergelte komme nicht zu Knete‹ halte ich für absoluten Humbug. Über diese ›Moral‹ dürfte jeder der es nicht so genau nimmt, wie und womit er seine Schäfchen ins trocken bringt wohl nur amüsiert schmunzeln.
Ich weiss einfach aus Erfahrung und vielen Gesprächen, dass auch sehr erfolgreiche Agenturen die Ihre Kunden bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit beiden Händen rupfen, nicht jeden Arbeitsplatz mit lizensierter Software ausstatten und für die ›Schriftenkäufer‹ gleichbedeutend mit ›Warmduscher‹, ›Frauenversteher‹, ›Teletubbyzurückwinker‹ ist.
Jeder Vergleich mit geklauter Hardware geht letzten Endes am Problem vorbei. Denn: bei Hardware-Diebstahl gibt es ein Unrechtsbewusstsein bei den meisten Bürgern. Bei Software ist dieses Bewusstsein nicht vorhanden. Die Masse denkt nicht darüber nach ob das unrecht sein könnte. Es gibt einen Meinungsmainstream der besagt, dass Software und Musik quasi Allgemeingut seien und die Industrie die dahinter steckt (Microsoft wie BMG) ohnehin dem Reich des Bösen entstiegen ist und jeder der die beklaut ja irgendwie eine Art Robin Hood sei. Die Musikbosse würden die Künstler nur ausbeuten und ohnehin nur Mist produzieren (was Teilweise ja auch stimmt; und auch Softwarefirmen bekleckern sich nicht nur mit dem Ruhm einwandfreien Geschäftsgebarens).
Nach meiner Ansicht hat die Musikindustrie den Fehler gemacht, mit der Kriminalisierung von Leuten die keineswegs Gangster sind, sondern höchstens ein bisschen Ignorant, sich selber ein Ei gelegt und den Graben zwischen Konsument noch vertieft und verbreitert – beide denken, sagen und handeln nach: ›Wir sind die guten, das sind die Bösen‹
Die Softwarehersteller haben diesen Fehler bisher nicht gemacht. Ich denke das Problem ist ohnehin nicht von oben herab zu lösen. Das Beste was man tun kann ist Aufklärungsarbeit leisten, mit gutem Beispiel voran zu gehen und einem Freund oder Kollegen, der offen ausspricht, dass er auf das lizensieren von Software sch***** auch mal die Meinung zu pusten.
Zum Thema Schriften testen: Der Linotype Fontexplorer X erlaubt es Schriften aus der Voransicht des Browsers, also auch des Shops, auf den Schreibtisch zu ziehen. Damit kann ich zumindest in akzeptabler Qualität ein Logo gestalten und präsentieren. Ich würde mir wünschen, dass außer den Linotype Fonts auch Schriften anderer Hersteller über diesen Shop verfügbar wären, von Monotype und Fontshop usw. Ich kauf meine Musik ja auch längst über den Music Store und kann mir nix komfortableres mehr vorstellen.
Friedrich
Ein wenig mehr Moral, Anstand und Bewusstsein für den Wert einer Arbeit wäre nett. Wer Schriften nutzt und damit Geld verdient sollte dafür auch bezahlen und sie nicht aus dem Netz saugen. So wie es aber ausschaut beutet jeder jeden aus. Grosse und kleine Agenturen nutzen geklaute Schriften, lassen Pratikanten für lau arbeiten (neulich an der Pinnwand der htk-hamburg.de ca 20 Praktikumsangebote und zwei ECHTE jobangebote), Gehälter für angehende Designer werden gedrückt und und und.
Der Sven
Was ich gut finden würde, wäre ein digitaler Fontsampler, der in regelmäßigen Abständen die neusten Schriften enthält, z.B. in einer extrem abgespeckten Version (keine Sonderzeichen, nur 50% der Buchstaben o. ä.). Das reicht zumindest aus, um einen Blindtext darzustellen und man kann ein Gefühl für die Schrift entwickeln. Gefällt sie, könnte man sie sich freischalten lassen, ähnlich wie bei Demo-Versionen von Software. Die Sache ist nämlich die: ich als Kunde von z.B. Fontshop sehe es natürlich ein, dass ich für Schriften Geld bezahle. Andererseits erwarte ich, dass mir die Schriften-Hersteller so gut es geht entgegenkommen. Das erwarte ich in anderen Bereichen auch. Und wenn wir von Beträgen um die 250 Euro reden, dann will ich auch nicht die Katze im Sack kaufen, sondern im Vorfeld ordentliche Testmöglichkeiten haben. Eine andere sehr gute Möglichkeit sind die Freefonts. Ein Schnitt einer Typo, der zum kostenlosen Download bereit stand, hat mich schon des öfteren dazu bewogen, weiter Schnitte zu kaufen, wenn mir die Schrift gefällt. Also liebe Schriftenanbieter: lasst eurer Kreativität freien Lauf und helft uns Gestaltern so gut es geht, dann können wir uns in Zukunft solche Diskussionen ersparen.
Christian Ullenboom
Dazu passt ja das, was ich heute bei Spiegel Online lesen musste:
Unmoralische Deutsche: Dreistigkeit, Unrecht und Freiheit.
Jürgen Siebert
Ein Zitat aus den Kommentaren zu »Eine schlechte Nachricht für Schriftentwerfer/innen«:
Und noch ein Zitat kurze Zeit später als Antwort:
Robert
Sicher wären Online-Sampler oder PDF-Generatoren mit individuell abgesetzten Zeilen eine spannende Lösung und eine elegante Argumentationshilfe beim Preisverhandeln. Meine Erfahrung ist, dass egal ob während einer Präsentation oder kurz vor Drucklegung es unerhört Mühe kostet, Kunden das Kostenbewusstsein um Schriften beizubringen. Selbst wenn mein moralisch-missionarischer Eifer eher als Fachidiotie interpretiert wird, wird es als lästig empfunden, „die paar Lettern“ zu bezahlen. So ist es häufig bei den von mir entworfenen Buchcovern, bei denen individuelle Typografie ästhetisch und inhaltlich Pflicht ist. Dazu kommt in Berlin ein völlig aufgebrochener Designmarkt. Kein mittelständischer Verlag hat hier Geld für reale Kosten und dem Geldmangel steht ein ganze Generation kompromissbreiter Gestalter gegenüber. Mein Eindruck ist, dass niemand mehr Produkte gestaltet, um davon zu leben, sondern um sich Referenzen für den kommenden Auftrag zu erarbeiten. Ein für Kunden hervorragender Zustand. Wenn man überhaupt eine Chance hat, etwas Schönes zu gestalten, macht man Zugeständnisse beim Verdienst und vermeidet es, den Kunden mit Extrakosten – selbst mit erschwinglichen Fonts zu nerven. Vielleicht ist es doch sinnvoll ein pay-per-sign anzudenken. So bescheuert das scheint.
maik
Schön das die Diskussion weitergeführt wird!
„Wenn es um Schriften für Drucksachen geht, hilft das Online-Ausprobieren nicht viel weiter. Ein gedrucktes Original ist nötig, entweder aus dem FontBook, anderen Schriftmusterbüchern oder eben Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Broschüren. “
Stimmt. Daher ja auch ein simpler PDF-Generator, über die PDFlib lassen sich doch problemfrei PDF-Dateien online erstellen. Ich habe bereits vor fünf Jahren in einer Agentur gejobbt, die eine Database-Publishing Lösung für einen großen Leuchtenhersteller entwickelt hat. Dabei wird ausschließlich online ein kompletter , mehrere hundert Seiten starker Katalog erstellt. Wieso ist es dann nicht möglich die vorhandene Technik zu nutzen um einen simplen Absatz von vielleicht zehn Zeilen in ein PDF zu exportieren?
Sinnvoll ist es doch eigentlich dem Kunden eines Schriftdistributoren so viele Wege wie eben möglich zum Schriftkauf zu öffnen, oder? „Schriftmusterbüchern oder eben Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Broschüren“ – Der potentielle Schriftkäufer muss also darauf warten das ihm ein Muster ins Haus fliegt um die Schrift zu kaufen, in Zeiten in denen man einen Golf GTI im Internet probefahren kann – wenn auch nur mit den begrenzten virtuellen Möglichkeiten?
„Und über eines muss man auch verfügen, gerade als Designer: Vorstellungsvermögen. “
Stimmt. Darum geht es aber überhaupt nicht, denn die Kaufentscheidung trifft nicht der Designer sondern der Kunde. Wir Gestalter verkaufen den Kunden unsere Entwürfe (!) als möglichst reale Darstellungen von unserer Leistungen für ihn. Setzen Bilder und Farben ein so wie sie später auch im fertigen Design erscheinen – nutzen sogar möglichst perfekt abgestimmte Drucker und Papiere. Vielleicht mache ich das ja ganz falsch und man präsentiert in seinem Entwurf auch statt der Farben CMYK-Werte, statt der Bilder Rechtecke in denen steht „Hier stelle ich mir ein Bild vor“, natürlich handschriftlich man will ja keine Schriften „klauen“. Dann kann ich natürlich auch ein Blatt daneben legen mit einem Alphabet in der gewünschten Schrift, womöglich noch schlecht kopiert aus einer Zeitung oder einem Buch. Denn ICH kann mir ja vorstellen wie es werden soll.
Dem Kommentar von Markus kann ich mich anschließen. Mit dem FontExplorer X ist eine richtig tolle Applikation gekommen die genau die Kritik von mir aus dem anderen Beitrag aufnimmt. Man hat sich den technischen Entwicklungen gestellt und es dem Kunden/Gestalter einen großen Schritt einfacher gemacht Schriften zu kaufen und zu verwalten! Auch wenn man hier natürlich eine einfache „Raubkopie“ des iTunes Designs nutzt ;)
Abschliessend noch eine kurze Geschichte zu „Vor 6 Jahren erzählte mir Erik Spiekermann eine Anekdote, …“:
Vor nicht einmal sechs Jahren hatte ein großer Musikdistributor einen Chef in Deutschland. Dieser Chef war ganz böse auf alle Menschen die statt der tollen CDs MP3-Dateien nutzten. Er führte gegen viele einen erbitterten, steinigen Kampf, wenn ich mich recht erinnere hat er sogar mehrfach gegen die fiesen Wissenschaftler protestiert die die MP3 direkt aus den tiefen der Hölle geholt haben – sogar das Internet selbst wurde von solchen Wissenschaftlern geschaffen. Alle MP3 Nutzer waren fiese Kriminelle. Eines Tages war ein neuer Chef auf dem Posten des bestohlenen alten Chefs. Ganz komisch war aber bei diesem neuen total verrückten Chef, das er nicht mehr klagte um Geld von den Menschen zu bekommen, sondern begann Millionen in den Vertrieb von MP3 Dateien zu stecken. Ja sogar einen eigenen Vertriebsweg im Internet schuf er. Man erzählt sich noch heute das er angefangen hat, wenn auch vielleicht zu spät, auf die Wünsche der Menschen zu hören die ihm Geld geben sollten.
Und die Moral von der Geschicht‘ ? Kundenmund tut Weißheit kund.
nike
ich finde die idee von demofonts ziemlich gut. bei http://www.texashero.com kann man schon seit jahren demofonts herunterladen. es fehlen dort einige wichtige glyphen, was mich beim layouten nicht weiter stören würde. es hilft jedoch ungemein, ein besseres gefühl für die schrift zu bekommen. gerade bei längeren texten lässt sich eine schrift anhand des specimens nur schwer beurteilen.
ich möchte an dieser stelle die idee von fontfont loben, einige schnitte für einen begrenzten zeitraum kostenlos zum download anzubieten. das ist doch schon mal ein schritt in die richtige richtung.
microboy
bei kleineren jobs rechne ich automatisch 100 euro fuer schriften mit ins angebot ein – das spart laestige diskussionen und in der regel kommt man mit zwei oder drei schnitten auch aus. wenn es teurer wird muss man eben diskutieren oder die notbremse ziehen und eine andere schrift vorschlagen.
mit aufklaerung kann man recht viel erreichen und kunden sind dann sogar stolz auf „ihre schrift“.
test-fonts mit begrenzten zeichensaetzen finde ich eine gute loesung.
Jürgen Siebert
Dann diskutiere bitte auch und vermeide Monologe.
@ microboy: Ein diskreter, pragmatischer Vorschlag, der mir sehr gut gefällt und den sich einige hinters Ohr schreiben können. Danke.
Dirk S.
Wenn man mal länger drüber nachdenkt, müsste man Schriften doch eigentlich nicht für die Benutzung an Arbeitsplätzen lizenzieren, sondern für das Projekt, in dem sie verwendet wird, also z. B. für eine Broschüre o. ä. Also eher so, wie es bei Bildern oder Illustrationen der Fall ist. Der Idealzustand dieser Idee wäre folgende: ich als Gestalter habe Zugriff auf alle Schriften und sobald ich einen Job abschließe, gebe ich die relevanten Daten (verwendete Schriften, Seitenzahl usw.) an z. B. Fontshop weiter, und lizenziere somit gegen eine Gebühr die Schrift für das besagte Projekt. Das setzt natürlich Vertrauen voraus.
maik
„Zwei Monologe, die sich gegenseitig immer und immer wieder störend unterbrechen, nennt man eine Diskussion. – Charles Tschopp“ (Quelle: Wikipedia)
Mir fällt lediglich der vielleicht schärfere Sarkasmus auf der allerdings ein anerkanntes Stilmittel ist genauso wie vielleicht die ein oder andere Übertreibung. Grundsätzlich gehe ich aber doch nur auf Beiträge von Vorrednern ein, sowie auf Textstellen des von Ihnen geposteten Beitrags Herr Siebert. Das meine Meinung zu dem Thema vielleicht ausführlicher ausfällt als die anderer mag sein, das Sie ihr nicht zustimmen auch, aber genau das ist doch teil einer Diskussion: unterschiedliche Standpunkte als Basis einer Lösungsfindung.
Im einzelnen gebe ich doch sogar sehr genaue detailierte Hinweise zur Technik und zum Verfahren anderer Branchen.
@Dirk
Der Weg hört sich doch wirklich spannend an. Vielleicht lässt sich sowas ja mit einer Art DRM kombinieren, Druckerein könnten da ja quasi Kontrollstelle , zumindest für Printmedien, sein.
maik
Ups vergessen DRM: Digital Rights Management
thomas | fontbastard
ich möchte keine druckerei auf meine daten bezüglich rechte schauen lassen, und schon gar keine internet-druckerei, die sammeln und den kram doch einfach und knallen dass dann raus, OHNE drauf zu schauen. kein sinnvoller vorschlag, wie ich finde.
@dirk: es gibt mittlerweile bild-agenturen, wo du einmal zahlst, das bild aber immer wieder verwenden darfst und unabhängig vom medium. und soweit ich weiss beginnen die großen, ob dieses idee schwer mit den augenlidern zu zucken.
wie soll das denn aussehen? ein buch ist dann teurer, als eine flyer, obwohl die gleiche schrift verwendet wurde. d.h. der type-designer verdient am ende nur an größeren print-prpdukten, denn online ist dann schon nichts mehr zu verdienen. für mich ein klares »no go«!
@mircoboy, das ist das einzig sinnvolle wir mir scheint. wenn man abschätzen kann, dass der kunde da keinen nerv hat, eine schrift zu lizensieren, dann eben ins angebot rein und ihm nichts sagen.
ich versuche meinen kunden in bezug schrift auch immer ein »ohr ab zu kauen« :-)
Samo
»mit aufklaerung kann man recht viel erreichen und kunden sind dann sogar stolz auf “ihre schrift�?.«
Stimmt schon, und meistens sind die 30-50 Euro pro Schnitt nicht das Ende der Welt. Es ist aber leider immer noch so, dass gerade bei Grafik oft auf Unverständnis gestoßen wird — vor allem wenn man selbst junger Grafiker ist. Ich kenne Beispiele bei denen der selbe Kunde auf die Aufforderung „Wir müssen die Schrift aber kaufen.“ eines jungen Grafikers mit totaler Ignoranz reagiert hat, wobei eine Woche später — auf Anraten eines älteren Grafikers — die Schrift gekauft wurde. Und dabei gab es keine Diskussionen, der Kunde ging einfach davon aus, dass der junge Grafiker günstiger sein _muss_ und dass dieser Kosten wie Software/Schriftlizenzen einfach umgeht.
Ausserdem ist der Teil der Grafiker schlecht was das Wirtschaftliche angeht und kann (schlechte Arbeiten) oder will (kein Selbstbewußtsein) für die Arbeit nicht viel Geld verlangen. Dann spart man auch bei der Schrift und nimmt immer Helvetica Neue her und eventuell ein Bild via google. Und dann wird die Arbeit erst recht schlecht.
Ich glaube auch, dass die Bestrebungen von Type Foundries nicht nur auf Grafiker abzielen sollen, sondern auf die Wirtschaft allgemein. Die Grafiker wissen schon, dass Schriften Geld kosten — aber solange der Kunde keinen Unterschied sehen will und den Kosten gegenüber ignorant ist, helfen alle Bestrebungen der Grafiker nicht (und eine gute, komplette Schrift kostet nun mal mehr als 100 Euro und man kann das schwer in ein Angebot „verpacken“).
microboy
bei einem kleinen flyer machen sich die 100 euro sicher bemerkbar – bei einer broschuere faellt das schon nicht mehr auf. man sollte es auch als berufsanfaenger zumindest versuchen …
simon
Ich denke, der Ansatz von microboy ist in jedem Fall hilfreich. Muss man dem Kunden denn jedesmal noch extra aufs Brot schmieren, dass man jetzt für soundsoviel Euro diese Schrift gekauft hat? Ich erzähle ihm ja auch nicht jedesmal »Dafür brauchen wir InDesign, das kostet aber soundsoviele Euros«. Vielleicht müssen wir uns angewöhnen, Schriftlizenzen als laufende Investitionskosten mit einzurechnen, so wie Software- oder Hardware-Updates.
Das in meinen Augen eigentliche Problem bleibt aber: Wie kann ich eine Schrift ausprobieren, wenn ich sie nicht klauen will. Denn seien wir ehrlich, wenn sie erst mal auf dem Rechner drauf ist, und ich sie »nächste Woche dann auch noch kaufe, der Ordentlichkeit halber«, kommt nächste Woche bestimmt was dazwischen …
Oder vielleicht doch nicht?
Bert Vanderveen
Frueher gab es Blaetter mit Textsatz in diverse Schriftzuegen die man verwendete in Probelayouts (z. B. Berthold — habe soeben einige Blocks wiederentdeckt), wobei man Schere und Kleber verwendete. Wie waere es, wenn man PDF’s mit Lorem ipsum usw. zum Download bereitstellte (oder wie schon vorgeschlagen On-the-Fly generiert im Internet)? Das waere doch nicht so schwierig? (Hint, hint).
Oliver
Das eigentliche Problem liegt ganz wo anders:
Der Werte- und Preisverfall auf dem (Werbe-)Markt. Kaum ein Kunde ist noch bereit, für die geleistete Arbeit einen entsprechenden Preis zu bezahlen. Da wird geschachtert, übers Ohr gehauen, der Preis gedrückt und mit Folgeaufträgen gelockt, dass es einem schwindlig werden könnte. Gerade Jungunternehmern wird übel mitgespielt.
Als kleine Agentur hat man zwei Möglichkeiten: Entweder man spielt zähneknirschend mit – oder man ist sofort weg vom Fenster.
Ich kenne genug Agenturen, die – obwohl sie qualitativ hochwertige Arbeit abliefern – am Existenzminimum rumkrebsen. Da ist ein Vorfinanzieren eines großen Schriftenpools für mehrere hundert oder gar tausend Euro schlicht und einfach nicht drin.
Wir brauchen erstmal einen „Berufsschutz“, vergleichbar einem Meisterbrief: Nur wer entsprechende Fachkenntnisse besitzt, darf überhaupt eine eigene Agentur oder ein Satzstudio eröffnen. Damit sind schon mal die ganzen „Hinterhofgrafiker“ ausgehebelt, die die Preise kaputt machen. Wenn sich der Markt dann normalisiert hat und die Preise wieder auf einem vernünftigen und „arbeitswertem“ Niveau liegen, ist auch wieder Geld für vernünftige Investitionen vorhanden. Denn wenn wieder die Qualität der Arbeit und nicht mehr nur der niedrigste (lies: „billigste“ in all seinen Bedeutungsvarianten) Preis über die Auftragsvergabe entscheidet, spielt ein vernünftiger Schriftenpool wieder die Rolle, die er spielen sollte.
microboy
sorry aber an „mehreren hundert euro“ kann es doch bei einer „agentur“ nicht liegen oder? was ist mit softwarelizenzen? da ist man schnell bei einigen tausend euro. entsprechende hardware ist auch nicht billig und muss trotzdem gekauft werden.
Der Sven
Alles in allem finde ich, dass es dem Käufer so leicht und angenehm wie möglich gemacht werden sollte, wenn er eine Schrift kaufen möchte. Ein Auto kann ich Probefahren (selbst wenn es ein 16 Jahre alter Polo für 300 Euro ist), eine Jacke kann man anprobieren, eine Kamera kann man in die Hand nehmen und die Funktionen ausprobieren und in CDs oder MP3s kann man reinhören, etc.
Bei Schriften sieht es aber doch anders aus. Die Voransicht mancher Anbieter ist nahezu überflüssig, Flyer und Magazine sind nett, aber ersetzen keine „Probefahrt“ und ein Fontbook, für das man selbst ordentlich Geld lassen muss, ist hilfreich und gut, aber alles zusammen ist noch keine gute Lösung gefunden worden. Die Anzahl der Kommentare und die hitzige Diskussion zeigt doch, dass alle an einer Lösung dieses Problems interessiert sind. Meiner Meinung nach sind jetzt Firmen wie Fontshop etc. an der Reihe, die Unzufriedenheit der Kunden zu beseitigen. Hilfreiche Wunschäußerungen gab es ja zu genüge. Und Linotype hat ja schon einen kleinen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Also: lasst weitere Folgen!
flxb
@Oliver: Das mit dem Meisterbrief hört sich ja im ersten Moment ganz gut an, aber gerade beim Handwerk hat sich doch gezeigt das es nicht 100%ig funktioniert. Auch da gibt es die Leute die es „schwarz“ machen oder sich unterbieten. Das beste Beispiel ist doch myhammer.de, dem portal wo sich die Handwerker gegenseitig unterbieten. Da regiert nur noch der Preis. Und die Leute die ein bisschen mehr investieren wollen um Qualität zu bekommen hat es immer gegeben und wird es immer geben. Das das mehr werden, müssen wir auf die Qualität unserer Arbeit aufmerksam machen und nicht dem Bauern das schwimmern beibringen wollen, nur weil wir ihm sagen er soll sich eine neue Badehose kaufen.
Jürgen Siebert
@Oliver: Deine Vorschlag »Meisterbrief« für Designer ist so antik wie sympathisch. Doch mich irritiert inzwischen dieser – ziemlich breit geäußerte Wunsch nach einem – Artenschutz für Designer. Wir leben zwar im Kapitalismus, aber nicht mehr im Frühkapitalismus. Alle kennen die aktuellen Spielregeln. Eine lautet: Qualität setzt sich durch. Eine andere: Trommeln gehört zum Handwerk. Es reicht nicht nur, gut zu gestalten, muss sich »verkaufen«. Das Lamentieren über uneinsichtige Auftraggeber, Werte- und Preisverfall bringt uns nicht wirklich voran.
Oliver
Ich wüsste nicht, was daran „antik“ sein sollte – die aktuelle Diskussion zeigt doch, wie wichtig dieses Thema ist. Und wenn man mit „Artenschutz“ assoziiert, dass eine Gattung vom Aussterben bedroht ist und man sie retten will, trifft es der Begriff ganz gut. Denn das Lebewesen „ehrlicher Grafiker“ ist wirklich vom Aussterben bedroht, massiv bedrängt von den „Billig-Hobbygrafikern“ und der einher gehenden Geiz-ist-geil-Mentalität.
Die Fontdesigner wünschen sich Grafiker, die bereit sind, für die Schriften die angemessenen Preise zu zahlen. Die Grafiker wünschen sich genau dasselbe: Kunden, die bereit sind, für die Arbeit angemessene Preise zu zahlen. Es sind die Hobbygrafiker, die im Netz aus illegalen Quellen ganze Schrift-CDs runterladen, kaum laufende Kosten produzieren und daher Dumpingpreise bieten können. Als normale Agentur muss man dann mit solchen Leuten konkurrieren. Wie soll das funktionieren? Wie soll ich noch 100 Euro für Schriften einkalkulieren, wenn mein Angebot sowieso schon wesentlich höher ist als das des Hinterhof-Fricklers?
Phrasen wie „Qualität setzt sich durch“ klingen ja immer ganz nett. Nur helfen die mir nicht, wenn für jeden Billigkonkurrenten, der am eigenen Preisdumping zugrunde ging, drei neue wie Pilze aus dem Boden schießen. Die Erwartungshaltung der Kunden steigt – auch aufgrund dieser „Grafiker“ – immer weiter an. Billigere Preise, am besten schon fertige Entwürfe (mit tollen, neuen Schriften!) vor Auftragserteilung als Vorleistung. Wie soll ein ehrlicher Grafiker solche Kosten kompensieren?
Nein, das Preisdumping, das hier in Deutschland ganz extrem stattfindet, reißt viele Agenturen in den Abgrund. Und an den Agenturen hängen die Schriftdesigner. Unser Schicksal ist – überspitzt ausgedrückt – auch Euer Schicksal.
Der Sven
Sowohl großen Agenturen als auch einzelkämpfende Freelancer nutzen Schriften und kaufen diese. Das Problem ist nur, dass beide in unterschiedlichen Welten unterwegs sind. Für »die Großen« ist es kein Problem, eine riesige Fontlibrary anzulegen. Freiberufler, die auch gute Qualität liefern wollen, haben kein allzu großes Budget für Schriften. Ebenso wenig für Hard- und Software. Der legale und richtige Weg ist daher, in seinen finanziellen Möglichkeiten zu bleiben. Also: lieber mit dem Mac Pro noch ne Weile warten und hin und wieder mal in Schriften investieren. Aber auch hier möchte ich den Ball an Fontshop weitergeben: Wie wärs mit kleinen Fontpaketen zum Freelancer Preis? Ich denke nicht an Ramsch und auch nicht an die Geiz-ist-geil-Schiene. Mir kommen da Anbieter wie »T 26« in den Kopf, die Schriften mit 4 Schnitten für 99 Euro weitergeben. Ist dieser Preis so utopisch? Ich für meinen Teil komme in den meisten Fällen (Buchcover Gestaltung) mit 4 Schriftschnitten aus. Ein Einzelschnitt, bspw. der Meta, kostet (als nicht OT) 46 Euro. Das Meta-Professional-Paket kostet 595 Euro (als Einzelschnitt-Käufer würde man auf 1380 Euro kommen). Das heiß ja, dass Vergünstigung möglich ist – warum dann nicht auch im kleineren Rahmen? Ich würde niemals das komplette Meta-Paket benötigen, wäre aber für kleine Pakete sehr empfänglich. Lässt sich da nix machen?
Jürgen Siebert
Doch Sven, da lässt sich etwas machen. Im Januar wird FontFont (FSI FontShop International) die ersten drei Pakete seiner Serie FF Skill Sets herausbringen. Es sind preiswert(er)e Mini-Bibliotheken für spezielle Anwendungsgebiete. Zur Zeit sind die Kollektionen Editorial & Publishing, Corporate & Business sowie Advertising & Packaging fertig vorbereitete. Das wird jedoch auch nichts für 99,– €, selbst 999,– € werden nicht reichen, denn die Serie beginnt mit den größeren Design-Herausforderungen und wird sich langsam nach ›unten‹ entwickeln (im Gespräch sind Leitsysteme, Plakate, …). Die Premium-Positionierung liegt ganz automatisch auch daran, dass gerade die FontFont-Bibliothek mit sehr vielen anspruchsvollen und großen Familien gesegnet ist. Ich scheue mich ein wenig davor, diese zu zerschlagen und in den klassischen 4er-Sets (Reg, Italic, Bold, Bold Italic) denn die Vielfalt und die Wahlmöglichkeiten innerhalb einer Familie ist eine ganz entscheidende Qualität, die man dann verlieren würde.
Der Sven
Danke für die Antwort. Die FF Skill Sets Idee klingt an sich gut – schade, dass es das nicht 4 Jahre früher gab. Allerdings teilt die Premium-Positionierung die Gestalter in diesem Fall wohl in eine Art 2-Klassen-Gesellschaft. Hätte mir halt gewünscht, dass Fontshop auch attraktive Angebote für Leute wie mich bereithält, die wohl nicht in der Zielgruppe der Großfamilien-Nutzer liegen. Bleibt daher scheinbar nur die Wahlmöglichkeit zwischen T 26 und dem sauern Apfel der stückweisen Einzelschnitt-Einkäufe.
Oliver
@ Jürgen
… selbst 999,– € werden nicht reichen…
Und damit ist das Paket – so interessant es auch klingen mag – für eine Vielzahl kleiner Agenturen kaum noch erschwinglich.
@Der Sven
…lieber mit dem Mac Pro noch ne Weile warten und hin und wieder mal in Schriften investieren…
Ja genau. Ich habe neulich bei einer befreundeten Agentur miterleben dürfen, wie sie (Ende 2005) endlich den Umstieg von OS 9 auf OS X angingen und dabei die alten G4/450 MHz aussortiert haben. Und weißt du, was stattdessen angeschafft wurde? Keine G5, keine Mac Pro, sondern 3 Mac mini. Aus Kostengründen – mehr Finanzkraft war nicht da.
Die wenigsten „Kleinen“ wollen geizig sein, sie müssen. Gründe siehe mein vorheriges Posting.
Der Sven
@Oliver: Dein Bespiel trifft es sehr gut. Ein Mac mini reicht für die meisten DTP-Anwendungen vollkommen aus. Das tolle ist ja: man hat die Wahl zwischen Mac Pro und Mac mini. Das wünsche ich mir auch im Schriften-Bereich: Pakete, die professionelles Arbeiten in kleinerem Rahmen möglich machen. Große Agenturen kaufen Mac Pros und ne teure Fontlibrary und kleine Agenturen oder Freie kaufen einen Mac mini (oder einen gebrauchten G5) und … ja was können sie im Schriften-Bereich kaufen?
Samo
Das Problem ist doch auch, dass eine qualitativ hochwertige Schrift einen sehr großen Aufwand bedeutet — und dieser muss entlohnt werden.
Vielleicht könnte man ja bei Unternehmen wie Fontshop auch Systeme andenken, die „fleißige Schriftenkäufer“ entlohnen? Zum Beispiel könnte man Kunden die binnen der letzten 3-6 Monate eine Schriftfamilie gekauft haben die Option geben bei der nächsten Familie deutlich zu sparen, oder von ein paar Schriftschnitten auf die volle Familie günstig aufzurüsten. Oder sogar den Rabatt auf neue Schriften von den vorhergegangenen Einkäufen berechnen lassen, so wie es bei manchen Kundenkarten diverser Unternehmen der Fall ist?
Ich kann nur für mich sprechen, aber wenn ich Schriften suche und pro Schnitt Spannen von 24,90 bis 49,90 Euro sehe und die nicht sofort nachvollziehen kann, bin ich viel weniger bereit die teurere (bessere?) Schrift zu kaufen. Da tue ich mir bei Apple’s iTunes Store leichter, pro song 1 Euro, pro Album 10 und ähnlich für Filme. Das wird aufgrund der verschiedenen Preise diverser Foundries aber eher schlecht gehen, nehme ich an…
Ich verstehe auch, dass die Foundries kein Preisdumping betreiben wollen, vor allem mit guten/neuen Schrifen. Aber vielleicht kann man, wie schon von Anderen angdacht, sich ein System überlegen um jungen Grafikern den Einstieg etwas zu erleichern — wenn man gut zu den Kunden ist, bleiben diese nämlich auch loyal. In diesem Sinne finde ich auch die Diskussion hier super!
microboy
@ oliver
die geschichte mit den drei mac minis klingt fuer mich ziemlich schraeg. ich denke die jungs sollten sich ueberlegen ob sie nicht in einen anderen beruf wechseln – mit grafik scheinen sie ja grad so die miete zahlen zu koennen. liegt es an den fehlenden auftraegen oder wird schlecht kalkuliert? man brauch sicher keinen mac pro fuer normales dtp – aber ein mac mini ist dann doch ein bisschen wenig.
@ samo
eine art rabattsystem faende ich auch super. wenn man fonts fuer bveispielsweise 500 eurogekauft hat gibts fonts fuer 50 euro umsonst. gerade fuer reseller bietet sich so ein system doch an. bei font bureau berechnen sich die fontpreise zumindest schon heute so – aber drei schriftschnitten wirds pro schnitt billiger und so weiter …
microboy
ups … tippfehler bitte ueberlesen! :/
Oliver
@ microboy
Welcher Mac liegt denn zwischen Mac mini und Mac Pro? Etwa der iMac? Mit einem iMac kaufst du ein minderwertiges (im Sinne von: nicht so hochwertig wie ein teurer, kalibrierter Monitor) Display dazu, das du gar nicht brauchst. Somit bleibt dir nur die Wahl zwischen dem Mac mini und dem Mac Pro. Und wenn drei Mac Pro zu teuer sind, musst du auf drei Mac Mini ausweichen. Dass der Mac Mini nicht die Ideallösung darstellt, versteht sich von selbst. Aber es war die Lösung, die der Ideallösung möglichst nahe kam.
Aber wir eröffnen hier gerade einen Nebenschauplatz.
microboy
@ oliver
es gibt also kein geld fuer mac pros aber fuer displays von eizo oder wie? ich persoenlich find den iMac einen sehr praktischen small-business-rechner. farbverbindliche displays und der dazugehoerige workflow kosten einfach immer noch zuviel. die farbsicherheit stell ich dann lieber ueber einen proof her ….aber lassen wir das thema.
Der Sven
@ microboy: Aussagen wie »… die jungs sollten sich ueberlegen ob sie nicht in einen anderen beruf wechseln – mit grafik scheinen sie ja grad so die miete zahlen zu koennen.« sind extrem arrogant. Ja – ehrlich gesagt: sie sind eine Frechheit. Ist man nur dann ein guter Gestalter, wenn man sehr viel Geld verdient und sich alles leisten kann? Hallo? Ist das die Realität? Muss sie das sein? Ich bin mit einem gebrauchten G5 mehr als zufrieden und meine Art zu Gestalten würde sich durch schnellere Hardware nicht verändern. Ich werde auch niemals im Agentur-Ranking oben stehen und auch niemals mit sechsstelligen Honoraren hantieren. Das macht aber nichts. Das ist nicht mein Ziel. Ich habe Freude an meinem Job und habe neben der Arbeit auch noch ein Leben. Leider geht in unserer Branche wohl der Trend dahin, nur was zu zählen, wenn man mit jeder technischen Neureung (und sei sie noch so überflüssig) mithalten kann, möglichst dicke Referenzen auf seiner Homepage präsentiert (und seien sie nur dadurch zustande gekommen, dass man mal ne Weihnachtskarte für einen dicken Kunden gebastelt hat) und am besten Tag und Nacht schuftet. Ist das der »Grüne Zweig«, von dem in der Überschrift dieses Blogeintrags die Rede ist? Was manchem hier fehlt ist ein gesunder Bezug zur Realität – und zwar nicht nur zur eigenen. Um aufs Schriften-Thema zurück zu kommen: Ich wünsche mir als Ex-Mac-mini-Gestalter einfach eine für mich ansprechende Möglichkeit, Schriften zu testen um sie dann in einem für mich sinnvollen Umfang an Schnitten zu kaufen. Das gute Schriften Geld kosten ist mir klar. Meine Frage lautet: richtet sich Fontshop neben den dicken Kunden, die natürlich auch das meiste Geld da lassen, auch an »kleine« Gestalter, oder sagt man sich insgeheim: Wenn ein Gestalter keine 500 Euro für ne Schrift locker machen kann, hat er seinen Beruf verfehlt?
microboy
@ der sven
mein statement war bewusst ueberspitzt – sorry wenn du das anders verstanden hast. es ging mir nicht um ein „technisches mithalten“ oder ein „dickes einkommen“. aber man sollte sich ueber seinen job zumindest soweit finanzieren koennen, dass man nicht zu illegalen handlungen (software, fonts, …) „gewzungen“ ist.
Der Sven
@ microboy: War in der Tat sehr überspitzt, aber danke für die (Er)klärung.
»… aber man sollte sich ueber seinen job zumindest soweit finanzieren koennen, dass man nicht zu illegalen handlungen (software, fonts, …) “gewzungen�? ist.«
– da stimme ich dir vollkommen zu.
(mal ne andere Frage: wie bekommt man das denn bei den Kommentaren hin, dass die Typo kursiv ist und so ein nettes Blümchen/Sternchen am Anfang hat? So wie oben bei Nick Blume)
Nick Blume
Nicht zu vergessen ist, daß es auch »sogenannte Marketing-Werbeagenturen« gibt, die gegen eine Pauschale von 149 oder 249 Euro den kompletten Geschäftsbericht einer Arztpraxis gestalten – und das oft kläglich, weil vorgegeben und vorgestaltet. Und wenn ein Arzt es selbst machen möchte und keinen anderen als dieses Unternehmen kennt, wird es sehr teuer, noch teurer als ein Freelancer.
Zu den Schriften: leider bekomme ich auch in der Beratung von Kunden, wenn ich denen sagen, daß »eigene« Schriften was kosten (ca. 250 Euro), dann ernte ich ein »Hä?« und den Hinweis, daß es auch tolle 10.000-Fontpakete für 99 Euro gibt. Immer noch. Schade. Wenige rücksichtvolle Kunden, der Rest will nur kostenlos.
Seit dem Fontbook ist die Argumentationsbasis breiter geworden, da man echt den Text in live präsentieren kann… mal sehen, wie es wird.
Florian
an Oliver, den Sven: Ihr beklagt das Preisdumping auf dem kreativen Markt und fordert gleichzeitig billigere Schriften, Rabattpakete etc.? Das passt doch echt nicht zusammen.
8 Schnitte der Meta (1) gibt es z.Zt. für 271,—. Als OpenType sind derer 4 für 249,—. Wer die benutzen will (muss ja keiner), sollte sich eingestehen, dass das so teuer nun auch wieder nicht ist. Nicht für jedes Projekt und jeden Auftrag muss eine neue Schriftsippe her – und die Lizenz eines einmal erworbenen Fonts gilt (zum Glück) auf ewig.
Zu den Vorschaumöglichkeiten: Klar, Verbesserungsspielraum gibt es wohl immer. Andererseits: Wie kommst Du denn (bei den abertausenden auf dem Markt vorhandenen Formen) auf die Idee, eine bestimmte Schrift kaufen oder ausprobieren zu wollen, wenn Dich ihre Formen nicht schon irgendwo angesprochen, angemacht, überzeugt haben? Mal davon abgesehen, dass das Fontbook mit einem Preis von ca. 99 € schwerlich als überteuert bezeichnet werden kann, gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, sich Schriftmuster zuzulegen. Viele Foundries versenden (oft kostenlose) Muster, im Netz gibt es Myriaden von »fonts in use«-Seiten, und selbst darf man ja auch gelungene Drucksachen aufheben und sammeln. Ich empfehle dazu wärmstens die hier schon besprochene neue »Spatium«.
Ich vermisse weiterführende Testmöglichkeiten nicht und denke, wenn ganze Schriftzüge individuell (inkl. Kerning) vorab erstellt werden können, wird der Missbrauch auch steigen.
Mit den HTML-Tags für Zitate; <blockquote>Zitat</blockquote>
Der Sven
@ Florian:
Habe mich zu Preisdumping meines Wissens nicht geäußert. Als Mitglied der AGD habe ich den Vergütungstarifvertrag als Grundlage meiner Kalkulation und meistens ist es mir da egal, wie andere kalkulieren. Bin auch nicht dafür, Schriften zu verramschen. Meine Frage war lediglich die, ob es nicht möglich ist, Rabatte auch im kleineren Rahmen für kleine Kunden anzubieten – ebenso wie es große Rabatte für große Kunden gibt. Falls nicht, werde ich meine Fontlibrary stückchenweise mit Einzelschnitten ausbauen müssen – so wie ich es seit einigen Jahren mache.
(Danke übrigens für den HTML-Tag-Hinweis)
Oliver
Uh, vorsichtig, bitte. Ich fordere billigere Schriftpakete wegen des Preisdumpings. Wenn ich unsere Arbeitsstunden mit mindestens 65 Euro kalkulieren muss (und das ist unterste Grenze) und es Billigkonkurrenten gibt, die die Gestaltung eines 8-Seiters mit 250 Euro veranschlagen, dann ist da keinerlei Spielraum mehr für Schriftpakete für mehrere hundert Euro. Das ist Fakt.
Florian
Sven:
Oh, entschuldige bitte. Hatte mich lediglich auf Dein Beispiel mit Meta, der Forderung nach kleineren Paketen und den Vergleich mit T26 bezogen – und wollte darauf hinweisen, dass zwischen Einzelschnitt und Pro-Komplett-Paket durchaus noch andere Größen für den mittleren Geldbeutel angeboten werden.
Oliver:
Genau das ist der Punkt. Das klingt danach, als sei die Gewinnspanne der Typedesigner und Fontvertreiber überzogen hoch und beliebig kalkuliert.
Bereicherung der mächtigen »Software-Giganten« auf Kosten der gebeutelten Nutzer … Oft hört man diese Meinung (nein, nicht von Dir, ich will Dir nix unterstellen), dass Schrift und Fonts »irgendwie« ja Allgemeingut seien und neue Trends (und gerade auch die bewährten Klassiker) bitte von jedem preiswert mitnutzbar sein müssten. Nein, so ist es eben nicht. Fonts sind ein künstlerisches Produkt und per se Luxus. Ein Recht auf schöne Fonts zu mediokren Preisen gibt es nicht – und braucht es nicht, weil auch ohne unzumutbare Investitionen hochwertige Drucksachen möglich sind (das ist übrigens erst seit wenigen Jahren so).
Ivo
Aber was soll dann die Konsequenz sein? Dass Adobe sein CS-Paket für 30 Euro verkauft und die Macs 250 Euro kosten? Einen 8-Seiter gibt es nicht für 250 Euro, zumindest nicht in Deutschland mit Schrift, Bildbearbeitung etc. auf legalem Wege. Wer das als Kunde glaubt sucht bestimmt auch in den Autohäusern nach einem VW-Golf-Neuwagen für 3000 Euro. Nur da wird er komischerweise lange suchen können.
Samo
Die Kunden glauben das, was sie sehen und hören. Wenn jemand es um 250 Euro anbietet, dann meinen viele es kostet nicht mehr. »Bilder gibt es eh im Internet« und »5000 Schriften für 99 Euro!«.
Grafiker müssen oft erst lernen ihre Dienste auch als Premium-Produkt zu verkaufen und sie müssen das glaubhaft tun (mit Anzug & Co). Am Anfang ist es natürlich schwer, aber man muss den Preis langsam hochziehen. Die meisten Kunden haben damit auch wirkich kein Problem, wenn man es denn argumentieren kann.
Leider Gottes ist es aber bei den Kunden oft so, dass Leute in Entscheidungsprozesse involviert sind, die meinen was gutes zu tun in dem sie den Grafiker im Preis niederringen, bei den Schriften und beim Papier sparen und am Ende mit dem Resultat noch zufrieden sind.
Hat FontShop da eventuell Broschüren, die einfach auf das Thema gute schrift/schlechte Schrift eingehen und vielleicht als Aufklärungsmaterial von den Grafikern verwendet werden könnten? Ich meine nichts zu kompliziertes, bloß ein paar Seiten mit dem selben Text, einmal „technisch“, einmal „klassisch“ oder „elegant, modern“ gesetzt? Vielleicht sollte man den Type-Select Fächer eher in die Richtung pushen, einfach als Werkzeug, welches man (unbedingt) mit zum Kundengespräch nimmt.
Jürgen Siebert
Solche Broschüren haben wir nicht. Als Händler sollten wir uns da auch zurückhalten und neutral bleiben, finde ich. Würde eine Buchhandlung von guten und schlechten Büchern reden, und möglicherweise nur die ›guten‹ führen, fühlte ich mich als Leser bevormundet. Für die Bewertung der Bücher sind Kritiker zuständig. Auch für die Bewertung von Schriften. Da gibt es jede Menge brauchbare Literatur: angefangen von PAGE, novum, form bis zu den Büchern von Hanspeter Willberg.
Samo
Ich habe nicht so sehr die Bewertung des Aussehens gemeint, sondern ganz objektive Kriterien wie z.B. die Vorteile, die man durch mehrere Schriftschnitte hat, die Tatsache, dass professionelle Schriften einfach mehr Zeichen zur Verfügung haben, dass die Spationierung stimmt, die Lesbarkeit und so weiter. Meistens sind das Sachen, die die Kunden erst im Laufe der Verwendung der Schrift kennenlernen und, bei „profesionellen“ Schriften, auch zu schätzen lernen.
Da gibt es ja schon das Corporate Font Broschüre PDF und das Corporate Font Check PDF, vielleicht eine Komination aus den beiden? Das erstere ist ja eher als Werbung für die FontShop Dienste angedacht – könnte aber, meiner Meinung nach, leicht in eine kurze Info-Broschüre umgebaut werden, mit der man Kunden für das Thema Schriften sensibilisieren kann.
Eixi
Das Problem wird sicher nicht besser werden, solange die Produkte ungerechtfertigt für einen Teil der Welt teurer sind. Hab mir grad das FF DIN OT Paket gekauft – und zwar bei der US-Seite http://www.fontfont.com und nicht bei http://www.fontshop.at (gehört fontfont nicht auch zu fontshop?).
Wie schon beim LT Essentials Paket sind nämlich die Preise in Amerika um einiges günstiger (und zwar um EUR 259,- statt EUR 279,- exkl. MwSt.)… und das, obwohl die Schrift ja die „Deutsche Industrieschrift“ sein sollen.
Jetzt müssen wir Gestalter es uns schon gefallen lassen, dass die US-Software wie Adobe oder Quark in Europa um etliches teurer ist als auf der anderen Seite des großen Teiches, und dann ist das sogar bei unseren „exportierten“ Gütern so. Irgendwie fühl ich mich – auch in Zeiten des Verständnisses für die finanzielle Mehrbelastung der Unternehmen in Europa – verarscht…
Uwe
[M] e i n e M e i n u n g :
a Computer haben die Produktionsmittel demokratisiert
b jeder kann jetzt Schrift setzen
c man sollte es unbedingt erlernen
d die Postscript und Open-Type Fonts sind viel zu teuer
e die Preise passen nicht auf den Massenmarkt
f das Jammern der Lizenzeigentümer ist heuchlerisch
g Wem gehört Beethovens Klaviersonate Nr. 23 f-Moll op. 57?
h Wem gehört die Garamond?
i Die Schriftentwerfer sollten über eine Art Kopierpfennig und nach einer Erhebung über die Verwendungshäufgkeit ihrer Erzeugnisse bezahlt werden. Schriften sind von öffentlichem Interesse und kein privates Wirtschaftsgut.
Danke für die Aufmerksamkeit.
Heiko
Simone, Du hast vollkommen recht.
Strafverteidiger München
Ja, Jungs, that’s business. Wenn man den Mumm hat und sich sebstständig macht, hat man Möglichkeiten, aber man trägt auch das Risiko. Doch Risiko zahlt sich auch aus. Meistens :-)