Das Bundes-Konjunkturpaket-Logo kommt
Wie die Financial Times meldet, plant auch die Bunderegierung eine Kampagne zur besseren Vermarktung des Konjunkturpakets. »Deutschlandweit sollen Städte und Kommunen nach Vorstellung des Kanzleramts einheitliche Bauschilder aufstellen – mit Logo und Claim.« Diese zeigen, laut FTD, den Slogan »Wir bauen Zukunft«, darüber prange der Bundesadler, und als Bauherr würden Bundesregierung und Bundestag aufgeführt.
Die Idee des Logos gehe auf die Haushälter im Bundestag zurück. Ganz sicher? Geht sie nicht vielleicht auf eine Idee der US-Regierung zurück? »Das erhöht die Transparenz der öffentlichen Ausgaben.« sagte Steffen Kampeter, haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, gegenüber der Zeitung. Die Entwicklung des Signets habe kein Extrageld gekostet, beruhigt zudem das Bundespresseamt. Ätsch, Ihr Designer …
Unanständig billig
Irgendwie krieg’ ich da fast ein schlechtes Gewissen. Hab’ gerade das neue Album von Peter Doherty (Grace/Wastelands) bei Saturn für 4,99 € geladen (MP3, 320 kBit/s, DRM-frei). Im iTunes-Store kostet es auch nur 7,99 €, bei Amazon 15,95 € und bei Dussmann in der Friedrichstraße sicherlich 19,90 €. Gestern habe ich bereits zum gleichen Preis Jimi Hendrix’ »Are You Experienced«, James Lasts »Gold« und das aktuelle U2-Album geladen. Da soll noch mal einer behaupten, dass sich mit guten Preisen nicht die Wirtschaft ankurbeln ließe.
Noch bis zum 29. März bietet Saturn diesen mörderischen Preis für 250.000 alte und aktuelle Alben. Die Bedienung des Stores ist allerdings etwas hakelig, und die ZIP-Dateien werden nicht ordentlich gepackt, so dass man hier und da vom kostenlos angebotenen Nachladen Gebrauch machen muss. Die Auflösung der Cover-Art-Dateien schwankt beliebig, und in den Metadaten gibt es Schreibfehler (»Foxey Lady«). Bezahlen funktioniert über Klick&Buy.
Sehr elegante internationale Presseschau
Der Flash-basierte Titelseiten-Betrachter »NEWScan« bietet einen schnellen Einblick in die tägliche Weltpresse, zur Zeit ein Dutzend englischsprachige Zeitungen. Die Seiten werden groß genug dargestellt, um Meldungen anzulesen. Auf Wunsch kann man komplette Exemplare als PDF laden. Die Seite bezieht ihre Inhalte von der Todays-frontpages-Seite des Newseum. Programmiert wurde sie von Designbüro Ryogram, das bereits früher mit Non-profit-Projekte zum Wohle der Allgemeinheit auffiel.
Das Twitter-Key-Visual ist vogelfrei oder …
Wenn ein Corporate Design gar keins ist
von Jürgen Siebert
Ich frage mich, wer sich mehr schadet: der Betreiber einer millionenschweren Marke, die auf rechtefreies Art-work aufbaut, oder ein Designer, der seine Ideen billig verscherbelt.
Das Twitter-Vögelchen stammt aus dem Micro-payment-Portal iStockphoto und liegt dort weiterhin zum Download bereit. Es kostet 10 iStockphoto-Dollar (= Credits), was einem Betrag von rund 12 US-Dollar entspricht, den sich das Portral und der Designer Simon Oxley irgendwie teilen. Als Twitter startete, soll der Piepmatz sogar nur 6 Dollar gekostet haben haben – ja, die Preise im Micro-Stock-Bereich sind am anziehen..
Man kann nicht gerade behaupten, dass der Erfolg von Twitter der Illustration Flügel verliehen hat. Sie wurde bis eben 431 mal gekauft, was einem Umsatz von vielleicht 4000 Dollar (in 2 Jahren) entspricht. Doch Oxley hat noch 3773 weitere Pferdchen (man muss angemeldet sein, um Oxley Portfolio zu sehen) – ähem Vögelchen – im Rennen, deren Downloads sich allerdings in den seltesten Fällen über 0 bewegen. Im Deutschen Urheberrecht soll es einen Bestseller-Paragraphen 32 geben, den ich nicht kenne, aber es ermöglichen soll, einen Designer am späteren Erfolg seiner Arbeit partizpieren zu lassen. Keine Ahnung, ob iStockphoto diesen Paragraphen kennt oder ihn aushebelt.
Über die geringe Verbreitung seines Markenzeichens könnte sich Twitter nun freuen, doch sein Corporate Design ist faktisch keins, sondern eine markenrechtliche Zeitbombe. Ich könnte – ohne Twitter zu fragen – T-Shirts, Tassen, Poster und andere Merchandising-Produkte mit dem Vögelchen entwerfen und verkaufen. Ich könnte sogar meine eigene Micro-Blogging-Plattform Zwitscher ganz legal wie Twitter aussehen lassen.
Wirbel um das Logo des NATO-Gipfels
Im April feiert die Nato 60-jähriges Jubiläum. Die Feierlichkeiten richten Deutschland und Frankreich gemeinsam aus. Der Nato-Gipfel am 3. und 4. April 2009 sollte in den Nachbarstädten Kehl und Straßburg statt finden. Kehl? Irgendwann merkten die Verantwortlichen, dass der 35.000-Einwohner-Ort für einen Gipfel mit 28 Staats- und Regierungschefs nicht geeignet ist (»Gipfel bei den Gartenzwergen«, Der Tagesspiegel). Also weicht die Nato kurzerhand auf das 54 km entfernte Baden-Baden aus, eine erfahrene Kongressstadt.
Nun war aber das Logo schon gestaltet und in die Welt gesetzt – ohne Baden-Baden drin. Mal abgesehen davon, dass nur noch wenig Platz für ein »Baden-Baden« im Signet ist, will die Nato das Zeichen nicht mehr antasten. Es ginge um die Symbolik des Brückenschlages zwischen Deutschland und Frankreich und deshalb seien nur Straßburg und Kehl genannt.
Die Wirte und Hotelliers in der Kurstadt werten die Nichterwähnung als einen Schlag ins Gesicht. Der Kreisvorsitzende des örtlichen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA), Hans Schindler, sagte: »Das Festbankett findet in Baden-Baden statt.« Und wenn die Fernsehbilder um die Welt gingen, werde das Logo eingeblendet. Dies sei nicht in Ordnung, klagte Schindler. Seine Sorge sei, dass bei den nachfolgenden Generationen die Rolle von Baden-Baden als Veranstaltungsort in Vergessenheit geraten könne. »Wenn man in zehn Jahren im Internet in Google nach dem Ereignis sucht, taucht an erster Stelle Kehl auf«, gab Schindler weiter zu Bedenken.
Da habe ich eine Lösung, mein Alternativlogo, mit Baden-Baden drin. Das können sich die Gastwirte auf ihre Webseiten kleben, in die Fenster hängen und in die Speisekarten einbauen. Und wenn alle mitmachen, dann wird die Google-Bildersuche auch in 10 Jahren das alternative Baden-Baden-Logo zum Nato-Gipfel 2009 ganz oben in der Ergebnisliste zeigen.
Logo-Garniervorschlag für die Baden-Badener Hotels und Gaststätten:
Schluss mit den schönen »kleinen Preisen«
Im Juli 2008 hat das Bundeskartellamt den Zusammenschluss der Discountketten Netto (gehört zu Edeka) und Plus (Tengelmann) genehmigt. Damit entsteht im deutschen Lebensmittelhandel ein neuer Billiganbieter – der drittgrößte hinter Aldi und Lidl – mit 3800 Filialen, 50 000 Mitarbeitern und einem Umsatz von mehr als zehn Milliarden Euro im Jahr. Nur noch fünf Konzerne beherrschten heute 90 Prozent des Marktes: Edeka, Rewe, Aldi, Lidl und Tengelmann.
Zur Zeit werden die 2500 Plus-Märkte in Netto-Märkte umgewandelt. Damit verschwindet eines der markantesten Corporate Designs in der deutschen Geschäftslandschaft. Die Plus-Hausfarben Orange/Blau hatten einen hohen Wiedererkennungswert, auch typografisch war Plus mit seiner abgerundeten, »eurostiligen« Exklusivschrift führend im Discount-Bereich (mal abgesehen von ALDI Süd).
Damit ist nun Schluss. In der Plus-Filiale gegenüber FontShop (Bergmannstraße) hängen schon die ersten Ekel-Netto-Schilder (Foto oben). Sie zeigen vollkommen wirr zusammengewürfelte Wortgebilde auf farbigen Flächen, ohne ein Spur Gestaltung: PREISSENKUNG – GROSSE – 500 – auf Dauer – Discountpreise – BILLIGEN PREISE. Auf ähnlichem Niveau heute die Anzeige in den Berliner Tageszeitungen (Abbildung ganz oben).
Nun wird mancher argumentieren: Wer billig verkauft darf auch billig aussehen. Dem stimme ich (1.) nicht zu, weil sich die Ansprüche der Verbraucher gewandelt haben und (2.) sind die Netto-Drucksachen nicht billig gestaltet, sondern einfach nur lieblos zusammengekloppt. Wenn die ihre Waren mit der gleichen Leidenschaft auswählen, einkaufen und prüfen …
Typografischer Relaunch bei Audi
Wer sich die jüngsten Printanzeigen von Audi genauer anschaut, wird eine subtile typografische Neuerung entdecken. Der Automobilhersteller verwendet nicht mehr die vor rund 12 Jahren von MetaDesign eingeführte und modifizierte Univers Extended – ›Audi Sans‹ genannt, sondern die neue AudiType. Auch für dieses Facelifting ist MetaDesign verantwortlich, das sich von Paul van der Laan (Type-invaders) und Pieter van Rosmalen (Caketype) eine neue Schriftfamilie für Audi entwerfen ließ. Paul und Pieter haben beide Typedesign an der Königlichen Akademie der Bildenden Künste in Den Haag studiert.
Offiziell haben weder Audi noch seine CI-Agentur ein Wort über den typografischen Relaunch verloren. Ohne die Beweggründe genauer zu kennen, entdecke ich auch im Bereich Schrift eine Politik der kleinen Schritte. Das Fundament, oder sagen wir ruhig »Fahrgestell«, bleibt erhalten – Schriftbreite, Grauwert, Metrik –, doch die Karosserie wurde verfeinert. Und dies sehr elegant, weg vom Statischen hin zum Dynamischen, Höherwertigen.
Auf der TYPO 2007 hat Carl-Frank Westermann von MetaDesign diese Strategie sehr detailliert für das Audi-Sound-Branding erläutert, insbesondere das akustische Ending der Werbespots. Mit feinen Eingriffen in den Obertönen haben die MetaDesigner dem 2-Sekünder eine höhere Wertigkeit verliehen. Auch bei der Schrift scheint diese Operation vorzüglich gelungen.