Fontblog Artikel des Jahres 2009

Steinmeier-Logo … alles wurde gut

Vor zwei Wochen ging ein Signet durch die Medien, dass für Aufsehen sorgte: Das Siegermotiv des Frank-Walter-Steinmeier-Logo-Crowdsourcings, veran­stal­tete von der Kreativ-Plattform Jovoto (Fontblog berich­tete: Frank-Walter Steinmeier tappt in Crowdsourcing-Falle). Das trep­pen­för­mige Motiv weckte falsche Assoziationen. Was in dem Zusammenhang jedoch nicht gesagt wurde: 1. muss das Gewinnerlogo – anders als bei vielen Wettbewerben –  nicht zum Einsatz kommen und 2. hatte der Designer schon längst eine Überarbeitung ange­fer­tigt, die jedoch erst nach dem Einsendeschluss bei Jovoto eintraf.

Die Entscheidung für das endgül­tige Logo fiel gestern im Willy-Brand-Haus in Berlin-Kreuzberg. Am besten kam bei den SPD-Werbern die Idee »Franky goes Web 2.0« von Jovoto-Mitglied Marco Slowik alias maggo an. Seine runde Wortmarke in Rotweiß mit einer über­di­men­sio­nalen fw-Ligatur und einem klei­neren, versal gesetzten »Steinmeier« darunter wird das Wahlkampf-Signet für den SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier. Das Motiv war vor der Übergabe mit dem Schöpfer und der Agentur A+B FACE2NET über­ar­beitet worden.

Das Foto oben zeigt die Logo-Übergabe, im Hintergrund weitere Ergebnisse des Jovoto-Wettbewerbs, links der Sonderpreis-Gewinner Diogo da Silva Novaes, in der Mitte der Außenminister und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier, rechts Marco Slowik (Ideengeber). Der SPD-Bundesgeschäftsführer Karl-Josef »Kajo« Wasserhövel (nicht im Bild) über­reichte bei dieser Gelegenheit den Scheck über 3000,– € Lizenzgebühr an maggo für die Nutzung des Signets.

Das jetzt gewählte Signet will die SPD auf ihrer Website wahl​kampf09​.de zum Einsatz bringen, aber der Webseite des Kanzlerkandidaten auch auf Steinmeiers Facebook-Seite und auf anderen Portalen.

(Foto: SPD)


Web Trend Map 4.0: Proud to be ein Umsteigebahnhof

Die 4. Auflage der A0-Internet-Karte »Web Trend Map« steht kurz vor der Drucklegung. Gestern haben die Information Architects Zürich die Betaversion auf Flickr veröf­fent­licht: Web Trend Map 4.0 (6740 x 4768 Pixel). Die Karte basiert auf dem U-Bahn-Plan Tokyos und soll die Relevanz der wich­tigsten Web-Umwälzpumpen visua­li­sieren. Rund 330 Unternehmen, Marken und Einzelpersonen sind in der Grafik berücksichtigt.

Je nach dem auf welcher Haltestation eine Website posi­tio­niert ist und wie groß diese einge­zeichnet ist, spie­gelt dies ihren Erfolg und ihre Relevanz wider. Außerdem gibt die Position auf der Karte den Themenbereich und die Vernetzung zu anderen Unternehmen an. Das FontShop-Netz mit seinen welt­weiten Shops und Blogs und Fontstruct ist stolz darauf, eine Umsteigestation zwischen der Money-Linie und der gleis­ge­bun­denen Social-Linie zu sein. Danke, Information Architects.


Das Redesign der Typoart-Schrift Kis

Da viel speku­liert wird über die Wiederveröffentlichungen der Typoart-Schriften, möchte ich heute mal einen  Blick auf die Schriftfamilie Kis Antiqua von Hildegard Korger werfen, die jetzt bei Elsner+Flake erschienen ist. Für das Redesign ist Erhard Kaiser verant­wort­lich, dem ich die nach­fol­genden Informationen verdanke.

Die neu digi­ta­li­sierte Version der Antiqua Kis, die übri­gens auf Tótfalusi Kis Miklós (1650–1702) zurück­geht, wurde ausge­baut und mit neuer Zurichtung versehen. Hildegard Korger, emeri­tierte Professorin an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (und dort die ehema­lige Lehrerin von Erhard Kaiser), hat diese Arbeit kritisch begleitet. Die Kis-Familie umfasst jetzt sechs Mitglieder: Antiqua und Kursive stehen im Text-Design jeweils als Regular- und Semibold-Schnitt, die Regular und Regular Italic auch als Headline-Design zur Verfügung. Die zwischen 1986 und 1990 entstan­dene Typoart-Kis findet sich mit neuer Zurichtung im jetzigen Headline-Schnitt wieder.

Das Figurensortiment der neuen Kis ist umfang­reich. Es enthält neben dem Standard-Zeichensatz in allen sechs Schriften:
• Kapitälchen (mit zuge­hö­rigen Währungs- und Satzzeichen),
• zahl­reiche Ligaturen (auch das lange s und dessen Ligaturen),
• Versal-, Minuskel- und Kapitälchenziffern mit jeweils propor­tio­naler und tabel­la­ri­scher Zurichtung,
• Nominatoren und Denominatoren und deren Festbrüche (mit propor­tio­naler und tabel­la­ri­scher Zurichtung sowie zuge­hö­rigen Währungs- und Satzzeichen),
• Superior und Inferior mit den daraus zusam­men­ge­setzten Festbrüchen (mit tabel­la­ri­scher Zurichtung auf Halbgeviert sowie zuge­hö­rigen Währungs- und Satzzeichen),
• Ordinalzeichen (in Fette, Form und Zurichtung speziell angepaßt)
• Rechenzeichen (im Stand den Minuskelziffern ange­paßt und mit tabel­la­ri­scher Zurichtung auf Halbgeviert).

Die beiden mageren Kursiven bieten darüber hinaus Zierbuchstaben (Swashes) an. Diese sind nach histo­ri­schen Quellen verbürgt. In allen drei Kursiven stehen zusätz­lich die Ligaturen gg und gy zur Verfügung. Des weiteren gibt es in allen sechs Schriften Alternativformen zu einigen Figuren. So sind z. B. die wich­tigsten Währungszeichen neben der notwen­digen schmalen Ausführung auf Halbgeviert auch in der Normalversion vorhanden, die gerade beim Euro-Symbol erheb­lich breiter und besser ist. Ein weiteres Beispiel sind fran­zö­si­sche Anführungen für Versalsatz, die deut­lich größer sind und höher stehen als jene für den Mischsatz.

Im umfang­rei­chen Sortiment der Akzentbuchstaben wurde in jeder der sechs Schriften Wert darauf gelegt, die Akzente gut an die Versalien, Kapitälchen und Minuskeln anzu­passen, nämlich jeweils unter­schied­lich in der Größe und manchmal auch in der Form.

Das Kerning der Kis-Schriftfamilie neigt nicht zur Übertreibung. Eine Besonderheit ist, daß im Regular-Text-Schnitt nach Satzpunkt, Komma und weiteren Satzzeichen ein verklei­nerter Wortabstand folgt. Auch vor allen Versalien ist der Wortabstand kleiner, beson­ders vor T, V und W, darüber hinaus vor einigen Ziffern.

Die sechs Schriften der Kis Antiqua Now werden als OpenType Pro Fonts für Apple Macintosh sowie im PC TrueType-Format für Microsoft Windows mit erwei­terter latei­ni­scher Zeichenbelegung ange­boten. Zudem sind Codepage-bezo­gene Belegungen im Format OpenType und TrueType in west- und zentral­eu­ro­päi­scher Belegung erhält­lich. Weitere Informnationen zur Geschichte der Schrift auf dieser Seite …


Typoart-Schriften bei fonts-4-ever

Nur Fachleuten ist die DDR-Firma Typoart sowie die Namen der ostdeut­schen Schriftkünstler um Prof. Dr. Albert Kapr ein Begriff. Selbst als durch Elsner+Flake 1985 im Westen die ersten Typoart-Schriften im PostScript-Format ange­boten wurden, war das Interesse an der Nutzung gering. Zu über­mächtig und präsent war das schnell anwach­sende Schriftangebot west­li­cher Firmen wie Adobe, Linotype und Scangraphic. Doch in den letzten Jahren wuchs das Interesse am Typoart-Erbe.

Daher entschlossen sich die Rechteverwalter 2004, das komplette digi­tale Schriftprogramm auf Basis der bei Elsner+Flake im IKARUS-Format vorlie­genden und von Albert Kapr auto­ri­sierten digi­talen Originaldaten des Jahres 1989/90 wieder verfügbar zu machen. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit ehema­ligen Verantwortlichen und noch tätigen Typoart-Designern. Dazu wurden u. a. Lizenzverträge oder Vereinbarungen mit Gert Wunderlich, Hildegard Korger, Erhard Kaiser, Karl-Heinz Lange, dem »Museum für Druckkunst«, Leipzig, und Eckehart SchumacherGebler geschlossen, um soweit sinn­voll auch den Typoart Bleisatzbestand als Redesign wieder anbieten zu können.

Zur Zeit sind auf der von Elsner + Flake betrie­benen Website font​s4ever​.com 55 Pakete mit Typoart-Schriften lieferbar.


Relaunch bei schrift​ge​stal​tung​.de

Der Schriftentwerfer und Font-Techniker Georg Seifert (Graublau) hat seine Webseite über­ar­beitet. Sie glie­dert sich in die Bereiche Glyphs (ein Font-Editor), Ufo Quicklook (ein Dateiformat, das in der Font-Produkion immer popu­lärer wird) und Fontab-Scripte (z. B. Kernclass to Glyphnote). Ein Forum-Bereich mit RSS-Benachrichtigung lädt zum Wissenstransfer ein.


Weimar feiert 90 Jahre Bauhaus

Mit einem Festumzug einer Reihe von Veranstaltungen erin­nerte Weimar in den kommenden Tagen an die Gründung des Bauhauses vor 90 Jahren. Die Ausstellung »Das Bauhaus kommt aus Weimar« doku­men­tiert bis zum 5. Juli mit fast 1200 Exponaten die Frühphase der künst­le­ri­schen Reformschule. Zu sehen sind allein 79 Werke von Paul Klee, 34 Gemälde und Zeichnungen von Lyonel Feininger sowie 31 Arbeiten von Wassily Kandinsky, die als Meister am Bauhaus arbei­teten und unterrichteten.

Im provi­so­ri­schen Bauhaus-Museum am Theaterplatz gibt ein begeh­bares Comic-Panorama einen Überblick über die Schule von 1919 bis 1925 und das Umfeld ihrer Gründung. Die Ausstellung im Neuen Museum thema­ti­siert die Werkstätten, das »Leben am Bauhaus« und die Gründungsgeschichte der Schule. Zu sehen sind u. a. Arbeiten aus den Werkstätten Keramik, Metall, Textil, Tischlerei, Bildhauerei, Weberei, Druckerei, Wandmalerei und Buchbinderei.

Als Lead-Agentur des Veranstalters, der Klassik Stiftung Weimar, wurde das Büro Goldwiege der Fontblog-Leser Markus Goldammer und Philipp Wiegandt mit den gestal­te­ri­schen Arbeiten zur Ausstellung betraut. Neben dem orange-blauen Corporate Design der Ausstellung fallen zur Zeit die riesigen Texthecken mit Gropius-Zitaten ins Auge (Design: Meyer Voggenreiter, Köln), die vor den betei­ligten Museen aufge­baut sind. Die Zitate –  gesetzt aus ca. 30 Zentimeter hohen FF-Kievit-Lettern –  markieren den jewei­ligen Ort als Teil der Schau und gehen inhalt­lich auf seinen Schwerpunkt ein.

(Fotos: Goldwiege)


Wie das Logo für die Typecon 2009 entstand

Die TypeCon ist eine jähr­liche Typografie-Konferenz in den USA, die an wech­selnden Orten statt­findet. Vom 14. bis 19. Juli 2009 veran­staltet sie die Society of Typographic Aficionados (SOTA) zum 6. Mal statt, in Atlanta, unter dem Motto Rhythm.

Für den Entwurf eines Logos verpflich­tete die SOTA das New Yorker Designbüro Under Consideration, das sind Armin Vit und die in Mexiko gebo­rene Bryony Gomez-Palacio. Auf ihrer Website haben sie den Weg vom ersten Entwurf bis zum fertigen Logo beschrieben und in 15 Schritten doku­men­tiert. Sehenswert.


NIVEA-Großoffensive mit Jogi und Flagship-Store

Der Hamburger Kosmetikkonzern Beiersdorf hat am Mittwoch in Berlin am Boulevard Unter den Linden sein drittes Nivea-Haus eröffnet. Nach den 2006 und 2008 einge­weihten Häusern in Hamburg und Dubai ist es das welt­weit dritte Nivea-Haus. Auf über 500 Quadratmetern wird mittels Café, Produktpräsentationen und kosme­ti­sche Kurzanwendungen der »Dialog mit dem Verbraucher im direkten Markenumfeld gestärkt«.

Parallel zur Hauptstadtrepräsentanz startet Nivea eine Serie von Werbespots, in denen der Fußball-Nationaltrainer Joachim Löw unter der Regie von Detlev Buck seinen Spielern Nahkampftipps gibt. Die Clips laufen unter dem Motto Jogi coacht die Männer. Während sich auf einem Präsentationsbildschirm ein Pärchen küsst, gibt Kosmetikcoach Jogi zum Beispiel folgende stra­te­gi­schen Anweisungen: »So ist’s richtig, kompakt stehen, Lücken schließen. Eng, ganz eng am Gegner. Nicht nach­lassen. Und wenn der Gegner in die Dusche ausweicht, was mache mer dann? ….(Schweigen) Da gehn mer mit!«

Es hätte so schön sein können, doch leider gehen einige der Texte einem Denkfehler auf den Leim. Ein Liebhaber betrachtet eine attrak­tive Frau viel­leicht als Opfer, aber doch nicht als Gegner. Ein Gegner wäre für mich eine Nebenbuhler. (Fotos: Niveau, via PAGE)