Fontblog Artikel des Jahres 2009

Open Rooms an der Bergischen Universität Wuppertal

Nach einigen Jahren Pause öffnen die Kommunikationsdesigner der Bergischen Universität Wuppertal wieder ihre Türen. Das Motto des Tages lautet »Einblick und Austausch«. Dies ist wört­lich gemeint, denn neben der Ausstellung im Foyer sind die Arbeits- und Seminarräume auf vier Stockwerken zu besich­tigen. Die Besucher erwarten Arbeiten aus den Lehrgebieten Audiovisuelle Medien, Ausstellungs- und Messedesign, Bildjournalismus, Designtheorie, Grafikdesign / Typografie, Gestaltung, Illustration, Inszenierte Fotografie, Kunst- und Designgeschichte, Visuelle Kommunikation und Zeichnen. Mehr Infos …

Die open rooms-Party startet um 22 Uhr im Café Ada, Wiesenstrasse 6, 42105 Wuppertal. Der Einlass ist um 21.30 Uhr. Der Eintritt für die Party beträgt 4 Euro, für Party und Konzert 16 Euro.


Morgen in Mainz: Ralf-de-Jong-Vortrag

Typografische Periodika am Anfang des 20. Jahrhunderts und die eigenen Werke am Anfang des 21. Jahrhunderts sind das Thema eines Vortrages an der FH Mainz von Ralf de Jong, Professor für Typografie von der Folkwang-Hochschule Essen. Externe Besucher sind gerne willkommen.

Der Co-Autor von Standardwerken wie »Detailtypografie« und »Schriftwechsel« wurde von Prof. Johannes Bergerhausen einge­laden, da dort zur Zeit Studierende im Seminar Buchgestaltung einen Umschlag zum Gutenberg-Jahrbuch 2009 entwi­ckeln, für dessen typo­gra­fi­sche Konzeption de Jong verant­wort­lich zeichnet.

Dienstag, 21. April 2009, 18 Uhr
Raum 304, Holzstraße 36, 55116 Mainz
FH Mainz, Lehreinheit Kommunikationsdesign


FF Milo wird zur Großfamilie

Schriftmuster FF Milo SerifEs war Mike Abbinks erklärtes Ziel, mit der FF Milo ein robustes Arbeitstier zu gestalten, das sich den schwie­rigen Aufgaben der Magazin- und Zeitungstypografie stellen konnte. Um dieses Ziel zu errei­chen verpasste der in New York lebende Grafikdesigner seiner neuen Schrift beson­ders kleine Ober- und Unterlängen und hauchte ihr – vor allem in den kursiven Schnitten – einen indi­vi­du­ellen Charakter ein, ohne ihn dabei allzu außer­ge­wöhn­lich werden zu lassen.

Schließlich zeichnet sich eine gute Satzschrift heute dadurch aus, dass sie unscheinbar, im Detail aber persön­lich und vor allem hervor­ra­gend lesbar ist. Abbinks FF Milo zählt daher längst nicht mehr zu den aufge­henden, sondern bereits zu den schei­nenden Sternen in der FontFont-Bibliothek.

Schriftmuster FF Milo Serif
Auch abseits der Zeitungs- und Magazintypografie macht die FF Milo Serif eine gute Figur
[Die Schriftmuster von F. Grießhammer und A. Roth entfalten sich durch Klick auf die Vorschau]

Mit der nun veröf­fent­lichten Ergänzung FF Milo Serif empfiehlt sich die neu entstan­dene Großfamilie für höhere Aufgaben, sind es doch vor allem die umfang­rei­chen Schriftsippen, die vielen Kunden im Dickicht des Marktes als Orientierung dienen. Gemeinsam mit Paul van der Laan, der Abbink beim Kerning, Spacing sowie der tech­ni­schen Realisierung unter­stützte, schuf der Designer aber nicht nur das perfekt harmo­nie­rende Gegenstück zu seiner erfolg­rei­chen 18-schnit­tigen Familie, sondern eine ganz eigen­stän­dige Antiqua, die sowohl hervor­ra­gend für sich allein, als auch im Zusammenspiel mit anderen Serifenlosen funk­tio­niert. Dabei trifft sie den Nerv des Zeitgeistes ohne jedoch ihre histo­ri­schen Wurzeln zu verleugnen. Ein schwie­riger Spagat, der nicht nur viel Talent, sondern allen voran viel Erfahrung verlangt. Die hat Mike Abbink mit der FF Milo Serif erneut bewiesen. Wir sind sehr froh, sie mit dem aktu­ellen Release als Teil unserer schwarz-gelben Schriftbibliothek anbieten zu dürfen.

FF Milo
FF Milo Serif und ihre große Schwester FF Milo [nach einem Schriftmuster von S.Coles]

Ivo Gabrowitsch

 


Fontblog auf Erholungskurs

Nachdem Fontblog in der Osterwoche fieberte, ist in den kommenden Tagen mit Abkühlung zu rechnen. Das hat schlicht tech­ni­sche Gründe. Bei der gest­rigen Abreise in den Taunusurlaub hab’ ich eine wich­tige Tasche in meinem Arbeitszimmer vergessen einzu­laden … die mit dem Laptop.

Das heißt konkret: Keine Beiträge hier von mir bis Montag kommender Woche. E-Mails mit Themenvorschläge sind zwecklos.

Die gute Nachricht: Hab’ mein iPhone dabei. Das kann alles, außer Cut & Paste (fürs Bloggen und Verlinken essen­tiell). Vor allem kann es gut micro­bloggen. Wer an den Gedanken und Bildern meiner Reise teil­haben will, klicke einfach den »Twitter«-Button ganz oben rechts. 


Bitte Informationen auf Beutelinnenseite beachten!

Ein Designproblem der kuriosen Art haben die 40-Gramm-Beutel Samiakpastillen aus dem Hause Rheila-Konsul: Die Gebrauchsinformationen passen, obwohl schon klein gedruckt, nicht auf die Tüte. Daher gibt es den Hinweis: »Bitte Gebrauchsinformationen auf Beutelinnenseite beachten!«.

Nun ist es leider nicht so, dass Konsul eine Tüte zum Umfüllen anbietet. Man muss also den Pergamentbeutel in der Mitte der Rückseite senk­recht aufscheiden, um an die wich­tigen, rot gedruckten Gebrauchsinformationen zu kommen. Außen steht aller­dings auch: »Packung dicht verschlossen … aufbe­wahren.« Und weiter: »Die Tageshöchstdosis von 20 Pastillen sollte nicht über­schritten werden.« Was mache ich jetzt mit 200 lose herum­flie­genden Salmiakpastillen?


EU sucht neues Biologo per Wettbewerb

Frisch einge­troffen, passend zum Thema: Die Europäische Kommission ruft Studenten und Jungdesigner in 27 Mitgliedsstaaten per Wettbewerb dazu auf, bei der Schaffung eines euro­pa­weiten Bio-Logos mitzu­wirken. Dem Gewinner winken 6000 €.
Hintergrund 1: Im März 2008 wurde bereits ein Logo vorge­stellt, dass jedoch dem Aldi-Bio-Logo zu ähnlich sah (Fontblog berich­tete). Hintergrund 2: Erik Spiekermann ist EU-Kreativbotschafter.



Crowdsourcing vs Designbüro: Ein Interview

Der »Logo-Fall Steinmeier« wirft erneut die Frage auf: Was bringt Crownsourcing gegen­über der Beauftragung eines erfah­renen Designbüros? Fontblog wollte mehr wissen über die Kreativplattform Jovoto, die sich als Bindeglied zwischen Unternehmen und jungen Kreativen sieht. Im offenen Wettbewerb suchen die einem eine tollen Kampagne, die anderen ein Plakat oder ein Logo für die Kanzlerkandidatur. Fontblog sprach mit dem Jovoto-Mitbegründer und Geschäftsführer Bastian Unterberg.

Fontblog: Jovoto behauptet von sich, dass es nicht mit den übli­chen Crowdsourcing-Experimenten vergleichbar sei. Was ist denn anders?

Bastian Unterberg: Zunächst einmal muss man Crowdsourcing als reine Technik verstehen und erst die Rahmenbedingungen der Anwendung stellen den entspre­chenden Anwendungsfall in Licht oder Schatten. Wikipedia, istock­photo oder Innocentive sind Crowdsourcing-Anwendungen, die meines Erachtens viele rich­tige Rahmenbedingungen gesetzt haben und sicher­lich auch daher eine hohe Akzeptanz erfahren.

Die Rahmenbedingungen bei jovoto unter­scheiden sich von anderen Crowdsourcing-Anwendungen im Kreativumfeld vor allem in der Frage der Vergütung, der Rechtesituation und der Art der Leistung die erbracht wird.

In Bezug auf die Vergütung funk­tio­niert jovoto über zwei unab­hän­gige Entscheidungsebenen. Zunächst ist es allein die Community die entscheidet, welche Ideenbeiträge das Preisgeld, welches sich in der Regel auf mehrere tausend Euro beläuft, unter sich aufteilen. Auf dieser Ebene ist die Community für sich autark und vor allem unab­hängig unter­wegs, da man nicht ausschließ­lich auf das Feedback des Auftraggebers ange­wiesen ist. Diese Unabhängigkeit fördert freies Denken und führt, so erleben wir es häufig zu frischen und außer­ge­wöhn­li­chen Ideen und genau dies wiederum wissen auch die Auftraggeber bei jovoto zu schätzen. Es ist nicht selten, dass man an Ideen inter­es­siert sind, die nicht unbe­dingt »on brief« sind.

Die zweite Entscheidungsebene bei jovoto resul­tiert aus der Situation, dass leider bei den wenigsten Crowdsourcing-Anwendungen ein fairer Umgang mit den Urheberrechten vorzu­finden ist und die Nutzungsrechte nur selten  bei den Ideengebern verbleiben. Auch dies ist bei jovoto anders, wir sind ledig­lich dazu befä­higt die Arbeiten im Namen des Autoren zu präsen­tieren. Will ein Auftraggeber eine Idee nutzen, so müssen die entspre­chenden Lizenzrechte erworben werden. Der Preise für die Lizenzrechte werden mit Beginn eines jeden Contests offen gelegt, und orien­tieren sich an gängigen Honorarkalendern der Branche.

Drittens unter­scheidet sich jovoto, weil wir den Fokus auf Ideen setzen. Es geht nicht um finale Artworks oder rein­ge­zeich­nete Kampagnenmotive, es dreht sich bei jovoto alles allein um die Idee. Manche Wettbewerbe bei jovoto haben einen visu­ellen Schwerpunkt andere nicht, so ist es z.B. nicht selten, dass Ideen in Textform darge­stellt werden. Bei dem aktu­ellen Wettbewerb für die Hamburg-Mannheimer geht es über­haupt nicht um Designideen, sondern um Ideen, die sondieren wie sich eine Versicherung authen­tisch in Social Media bewegen kann.

Übrigens waren Negativ-Beispiele eine starke Motivation die zur Gründung von jovoto geführt hat. Unser Ziel ist es aufzu­zeigen, dass Crowdsourcing in rich­tiger Anwendung mehr als nur Spaß sein kann und für alle Beteiligten einen tatsäch­li­chen Mehrwert bietet.

Fontblog: Das Grundprinzip ist jedoch gleich: Ein Heer Kreativer soll zu nütz­li­cheren Ergebnissen kommen, als ein einzelner oder ein Büro. Warum soll im Bereich Design etwas funk­tio­nieren, was in der Fotografie, der Literatur oder im Film unmög­lich ist?

Unterberg: Design ist in der Regel ange­wandt – jovoto ist in der Regel Inspiration, die in Anwendung über­führt werden kann. Mit dem jovoto-Prinzip könnten genau so gut Text-Contests oder Fotografie-Contests durch­ge­führt werden, wenn die Aufgabe dies als Lösung erfor­dert. Wichtig die Zusammenarbeit inner­halb der Community, die gemein­same INteraktion auf den Ideen zeigen schnell mögliche Anwendungsszenarien und hier greift die »Weisheit der Masse« und nicht als Punktlandung über das Communityrating.

Fontblog: Mal ange­nommen, es git einen glück­li­chen Sieger, und eine Handvoll zufrie­dener »zweite Sieger«. 70 bis 80 Prozent der Crowdsourcer haben nicht nur für lau, sondern auch für den Papierkorb gear­beitet. Wie lange hält man so was durch?

Unterberg: Bei der Preisverleihung am Dienstag mit Frank-Walter Steinmeier haben die beiden Communitymitglieder auf die Frage nach der Motivation zur Beteiligung am Contest Herrn Steinmeier geant­wortet, dass es Ihnen haupt­säch­lich um den Spaß und den Austausch geht. Betrachtet man den eher gerin­geren Anteil derje­nigen die »on brie­fing« arbeiten, wird dies insge­samt von der Community unter­stri­chen. So scheint es weniger die Vergütungssituation bei jovoto zu sein (die trotzdem bei weitem besser ist, als bei vielen anderen Crowdsourcing-Anwendungen) sondern durch das geschlos­sene Ecosystem, durch das Feedback der Community und den Austausch mit Gleichgesinnten entsteht viel­mehr ein sozialer Benefit.

Forntblog: Mir erklärt sich die Energiebilanz dieser Methode nicht. Wenn 200 Menschen um einen Etat von 5000 € pitchen anstatt 3 Agenturen … dann kann doch an der Rechnung etwas nicht stimmen.

Unterberg: Worum pitchen den Agenturen, um 5000 € oder um lang­fris­tige Kundenetats? Die Beziehungen zwischen Agenturen und Kunden verän­dern sich und die Auftragsvergabe erfolgt zuneh­mend projekt­be­zogen und trotzdem ist es am Ende meist nicht der Junior Art Direktor, der mit seinen Ideen das große Geld verdient.

Aber jovoto ist keine Agentur, es geht uns um den Kontext der Veränderungen die Arbeitsweisen und Arbeitsbedingungen betreffen. Mit jovoto werden in einem freien Umfeld die Einstiegbarrieren in die Branchenstrukturen über­wunden, die Chance seine Idee, so wie z.B. im Fall maggo zu plat­zieren ist nach­weis­lich vorhanden. Wie sieht es da in den tradi­tio­nellen Branchenstrukturen aus?

Fontblog: Im Moment stellt sich mir Jovoto wie eine Blackbox dar. Ich habe mich zwar ange­meldet, darf aber nicht rein? Ein Mitglied müsste mich einladen. Warum diese Mauerpolitik?

Unterberg: Durch den großen Ansturm sind wir gezwungen, den Zugang in dieser frühen Phase zu beschränken. Wir wollen, dass die Mitglieder unter sich sind und gemeinsam mit uns jovoto weiter aufbauen. Gerade deshalb arbeiten wir auch mit vielen Hochschulen in Europa zusammen und rekru­tieren dort den Plattform-Nachwuchs. Gerade in der Anfangsphase wollen wir, nicht unbe­dingt die Größten sein, es geht uns um die Stimmung auf der Plattform und um den Qualitätsstandard der einge­reichten Ideen. Deshalb limi­tieren wir den Zugang noch. Perspektivisch soll jovoto eine offene Plattform werden, zu der jeder Zugang hat.