Fontblog Artikel des Jahres 2009

Ausstellungstipp, 2 Agenten, Berlin: Katharina Gschwendtner

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Am kommenden Freitag (28. 08., 19:00 Uhr) startet bei den 2 Agenten in Mitte die Ausstellung »All you can heat« mit neuen Arbeiten der Hamburger Illustratorin Katharina Gschwendtner. Seit 2001 arbeitet sie als frei­schaf­fende Künstlerin und Zeichnerin unter anderem für Die Zeit, Deutsche Grammophon, Gruner + Jahr, Axel Springer, Jung von Matt und TBWA. Ihre bevor­zugte Technik ist die Hinterglasmalerei, oder genauer: die Hinterglaszeichnerei. Diese Methode wird Illustrationen in beson­derer Weise gerecht, denn Gschwendtner kann sicher sein, dass die Konturen immer obenauf liegen. Zunächst legt sie eine Zeichnung seiten­ver­kehrt an, über die Vorderseite beur­teilt sie wieder­holt das Ergebnis. Erst wenn die Umrisse voll­endet sind, folgt die Farbgebung. Einige ihrer älteren Arbeiten sind auf der 2-Agenten-Webseite zu bewundern.


Neue Schriften bei Spreadshirt

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Wie unsere Kollegen von Linotype heute melden, hat sich das Leipziger T-Shirt-Portal Spreadshirt von einer ganzen Menge alter Schriften verab­schiedet und neue bei Linotype lizen­ziert. Insgesamt stehe nun Spreadshirt-Direktbesuchern und Besuchern von rund 500.000 welt­weiten Partner-Sites  25 Fonts aus der Linotype Library zur Verfügung (Spreadshirt-Font-Katalog-PDF, 4,4 MB).

Im Vorfeld der Lizenzierung haben die Leipziger verschie­dene Linotype-Fonts auf ihre Eignung als Shirt-Font getestet. Dabei spielten neben tech­ni­schen auch Modekriterien eine Rolle. »Unsere Kunden wollen sich indi­vi­duell ausdrü­cken und gestalten Tag für Tag Mode. Dazu gehört auch ein ordent­li­ches Schriften-Sortiment mit dem man so viele Anwendungsfälle wie möglich abde­cken kann. Des Weiteren ließen wir unsere Erfahrungen einfließen, welche Schriftarten unsere Kunden am liebsten verwenden«, beschreibt Spreadshirt Produktmanager Robert Schulz den Prozess der Vorauswahl. Im nach­fol­genden Video erläu­tert er die Auswahlkriterien und die Konsequenzen für »Alt-Entwürfe«:

Während Spreadshirt den klas­si­schen Webserver-Lizenzweg für seine Web-to-print-Anwendungen beschreitet, sei an dieser Stelle eine neue und schnelle Alternative erwähnt, die FontShop mit den beiden Schriftenhäusern ParaType und Elsner+Flake ausge­tüf­telt hat (FontFont in Vorbereitung): die zeit­ba­sierte Lizenzierung Fonts2Web. Im Moment bietet FontShop 6 fertig geschnürte Pakete an, begin­nend bei 1990 € für 50 Fonts (1 Jahr). Der Vorteil von Fonts2Web:
• praxis­ori­en­tierte Fontauswahl,
• keine langen Verhandlungen
• keine Luftnummer-Kalkulationen für Verbreitung, Auflage, Unique Visitors
• geringes Risiko für Start-ups

(Abbildung ©Spreadshirt, entnommen dem oben zitierten PDF)


Willkommen in der Bergmannstraße, dm …

dm_tuete_aktion_klein Fontblog setzt seine Tradition fort: Begrüßung mit Handschlag für Handelsketten, die sich typo­gra­fisch gepflegt hier im Kiez einnisten. Vor einem Jahr begrüßte ich den Kaiser’s gegen­über mit seiner FF-Meta-Tüte, nun heiße ich den dm Drogeriemarkt herz­lich will­kommen, direkt bei und im Gebäude.

Es ist die 1012. Filiale des 1973 in Karlsruhe gegrün­dete drogerie markts. Die Kette begann zunächst nach dem Discounter-Prinzip, entwi­ckelte jedoch bald eine wegwei­sende Unternehmenspolitik. Das vom Gründer Götz Werner einge­führte – betont unau­to­ri­täre – Führungskonzept (»Dialogische Führung« genannt), beruht auf den Grundwerten von Verständnis und Respekt. Werner, ein beken­nender Anthroposoph, sieht in seinen Mitarbeitern keine Personalkosten, sondern »Kreativposten«. Das dm-Ausbildungskonzept erhielt mehrere Auszeichnungen. Alle Auszubildenden absol­vieren zwei Mal ein acht­tä­giges Theaterprojekt, bei dem sie ihre Team- und Kommunikationsfähigkeit verbes­sern sowie ziel­ge­rich­tetes und flexi­bles Handeln einüben. Dadurch möchte dm als »lernendes Unternehmen« sich verän­dernden Marktbedingungen mühelos folgen.

Die Hausschrift der dm Drogeriemärkte ist eine TheSans, die vor einigen Jahren mit FontShops Corporate-Font-Know-how auf die Anforderungen des Unternehmens zuge­schnitten wurde; zweite Hausschrift ist Cochin.


Wie die neue Unit-Slab-Schriftfamilie entstand

Achtung, dies ist nur ein raffi­niertes Unit-Slab-Schriftmuster im Schablonen-Look (klicken zum Vergrößern), entworfen von Alexander Roth bei FSI, … tatsäch­lich ist eine echte Unit Slab Stencil weder lieferbar, noch entworfen

Gestern erschien die neue Spiekermann/Schwartz/Sowersby-Schriftfamilie FF Unit Slab im FontShop. Zur schnellen Orientierung stelle ich einfach mal die Frage: Wie ist sie einzu­ordnen? Ihre Entwerfer formu­lieren die Verwandtschaft so: »Wenn FF Unit die große Schwester von FF Meta ist, dann sind Unit Slab und Meta Serif Großcousinen.« Während Meta Serif die splee­nigen Windungen des Sans-Originals aufgreift, sind die Endstriche der Unit Slab kraft­voll und selbst­be­wusst ange­legt. Das stabile, nüch­terne Auftreten der Grundform ruft nach einem massiven Serifenmodell. Zum Teil erin­nert das Ergebnis an Schreibmaschinentypen der 50er und 60er Jahre, speziell jene Formen, deren linke Serifenhälfte aus Platzmangel ampu­tiert wurde.

Ihre Vorpremiere feierte Unit Slab bereits im Frühjahr 2009, als Hausschrift des frisch gegrün­deten Designunternehmens Edenspiekermann (Startseite, mit Unit Slab im Einsatz). Doch die Entwicklung der Schriftfamilie begann bereits vor mehr als 2 Jahren.

Als Erik Spiekermann und Christian Schwartz mit dem Entwurf von Meta Serif begannen, spielten sie bereits mit Ideen für eine Unit Slab, die entweder parallel oder kurz nach der Veröffentlichung von Meta Serif begonnen werden sollte. Weil FF Meta und FF Unit so viele Gemeinsamkeiten haben, lag es nämlich nahe, die beiden Serif-Versionen der Basisschriften so anzu­legen, das sie sowohl mit der einen als auch der anderen Sans harmo­nieren könnten.

Meta, die starke huma­nis­ti­sche Züge aufweist, musste zu einer tradi­tio­nellen Antiqua führen, während Unit die perfekte Ausgangsbasis für eine Egyptienne (Slab Serif) in sich trägt, zumal das i und das j mit ihren Halbserifen bereits die Anlagen in sich trugen. Mit diesem Background machten sich Kris Sowersby und Christian Schwartz daran, die ersten Serif-Testwörter für beide Schriftsippen parallel auszu­ar­beiten. Unit Slab war bereits halb­fertig, als Meta Serif im November 2007 herauskam. Dann begann die Feinarbeit.

Der folgende Protokollausschnitt vermit­telt eine Vorstellung des Abstimmungsprozesses zur kursive Version der Unit Slab:

1. Sogar das f scheint bei dieser Strichstärke etwas zu ›schwer‹ am Kopf.
2. Bogenform: siehe Sans Italic.
3. Größerer Winkel bei Thin, Black, Ultra oder weniger bei Regular. Ich bevor­zuge Black & Ultra, glaube aber, dass sie etwas extrem sind. Lass sie etwas über­hängen und verrin­gere den Winkel an diesem Zeichen – oder mach etwas, was für dich am besten aussieht.
4. Etwas weicher und am Ende ein biss­chen mehr hoch­ziehen. Ich möchte den Winkel eher auf dieser Seite der Innenform spüren.
5. Schau Dir die Alternates in den .vfb-Dateien an und wende es auf alle Strichstärken an. Und: Wenn du in der Roman keinen Schnabel hast, warum in der Italic?
6. Siehe Sans Italic.
7. Den Bogen etwas tiefer? Siehe Sans Italic.

Und so sehen die Testwörter heute aus, gesetzt aus Unit Slab Light Italic und Unit Slab Regular Italic (klicken zum Vergrößern):

Die Arbeit an Unit-Slab dauerte schließ­lich fast 3 Jahre, nicht zuletzt, weil sie – neben ihren 7 Strichstärken (Thin, Light, Regular, Medium, Bold, Black, Ultra) plus 7 Kursive plus 7 Small Caps – zu einem exqui­siten OpenType-Familie ausge­baut wurde, mit breiter Sprachunterstützung (OT Pro) und Features wie: Ligaturen, histo­ri­sche Formen, Kapitälchen, Kapitälchen aus Versalien, kontext­be­dingte Varianten, Versalspationierung, Versalziffern, Proportionalziffern, Tabellenziffern, Brüche, Zähler, Nenner, Ordnungszahlen, wissen­schaft­liche Tiefstellung, Hochstellung, Tiefstellung sowie einem Dutzend stilis­ti­scher Varianten.

Das gesamte Leistungsspektrum der Schrift sowie ihre Entstehungsgeschichte, dazu unge­zählte Schriftmuster und Hintergrundinfos liefert das von FSI konzi­pierte und gestal­tete 28-seitige Schriftmuster-PDF FF Unit Slab (PDF, 28 S, 4,5 MB).

Die Korrekturen und Diskussionen über das Aussehen der Schrift sind auf 4 Seiten doku­men­tiert. Eine Doppelseite widmet sich ausführ­lich den Kombinationsmöglichkeiten von Unit Slab mit der Meta- und der Unit-Sippe. Fazit: Unit Slab wirkt über­zeu­gend stark in Headlines (Präsentationen, Corporate Design, Editorial, Packaging, …) und eignet sich bestens als Auszeichnungsschrift in Texten gesetzt aus FF Meta, FF Unit und sogar FF Meta Serif (hier zum Beispiel als kontrast­reiche, robuste Kursive). Auf weiteren 3 Seiten kommen die OpenType-Features der Schrift zur Sprache, darge­stellt mit anschau­li­chen Beispielen. Den Abschluss der Broschüre bilden Informationen über den Sprachausbau, von Afrikaans bis Yiddish.

Die Flexibilität der FF Unit Slab drückt sich auch in der Vielfalt der Produkte im FontShop aus: 21 Pakete bieten sich an, schon heute – fast maßge­schnei­dert – typo­gra­fi­sche Kommunikationsaufgaben zu lösen. Einzelschnitte gibt es ab 46,– €. Zur FF Unit Slab im FontShop …


Bücher frisch ausgepackt (2): ADC Buch 2009

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Heute ist das letzte ADC-Jahrbuch erschienen. Perfekt gedruckt, solide gebunden und blind­ge­prägt vereint es das Beste aus der deut­schen Werbung, Design, Marketing, Editorial und Co. Löst sich der ADC auf? Ist ›The End of Print‹ (David Carson, 1995) Realität geworden? Weder noch.

Die Medienwelt hat sich geän­dert. Verlegerische Dickschiffe haben keinen ruhigen Hafen mehr inmitten einer Informationsflut, die nach belieben ihre Orientierung ändern kann. Wie muss ein ADC-Jahrbuch aussehen, das zwischen dem Wunsch nach schön gemachten Büchern und kosten­losen Downloads seinen Platz findet? Genau diese Frage stellen sich der Kreativclub und der Verleger im Moment – nach 15 Jahren Zusammenarbeit. Lassen wir uns in 12 Monaten über­ra­schen, was kommt.

Doch nicht nur der ADC, die ganze Werbebranche wird sich in den kommenden Monaten an radi­kale Veränderungen gewöhnen müssen. Die Welt erfährt gerade einen tech­ni­schen, gesell­schaft­li­chen und wirt­schaft­li­chen Wandel, infolge dessen sich fast alle Menschen neu orien­tieren müssen. Auch die Kreativen. Doch wenn sie ihre schöp­fe­ri­sche Fähigkeit wieder als das begreifen, was sie von Natur aus immer war – nämlich für Probleme unge­wöhn­liche, intel­li­gente und über­ra­schende Lösungen anzu­bieten –, dann werden die Kreativen als Gewinner aus der Krise hervorgehen.

Im ADC Wettbewerb geht es um Ideen. Die besten Ideen kommen ins Buch, die aller­besten werden mit dem Ritterschlag geadelt, ein ADC-Nagel. Wenn Ideen prämiert werden, ist die Kraft der Vorstellung König. Darum steht das letzte ADC Jahrbuch unter dem Motto »Du kannst es Dir vorstellen, also kannst Du es …«

Und natür­lich ist auch The Ultimate Edition wieder eine Fundgrube für neue Formen der Marketingkommunikation und Leistungsbeweis der unge­bremsten Vorstellungskraft inter­dis­zi­pli­närer Teams. In 46 Kategorien hat jede gute Idee eine Chance, sich ins geschichts­buch dfer Kreativen zu schreiben … das hat sich herum­ge­spro­chen. So finden man im Buch kaum noch klas­si­sche Werbung, dafür um so mehr intel­li­gente Marketingkommunikation mit allen Mitteln. Da gehören die Schauplätze eines Bestsellers über­ra­schen­der­weise alle zu einem Gastronomieunternehmen, schwe­bende Metallkugeln formieren sich zu Karosserieumrissen, Madonnen werden betteln geschickt, Schuhkartons mit Innenleben ausge­stattet und Liebesschmöker… ach schaut doch selbst.

Seit heute im FontShop, versand­kos­ten­frei, das letzte ADC Buch, für schmerz­hafte aber berech­tigte 98 € … (672 S., 2000 Abbildungen, 24 x 29,7 cm, Halbleinenband mit tief geprägter Graupappe)


Die neue Bergmannstraße (Berlin Kreuzberg)

Biege ich morgens in die Bergmannstraße ein, bin ich unmit­telbar gut gelaunt, gerade wenn die Sonne so schön in die Häuserschlucht hinein scheint wie heute. Seit einigen Tagen ist der »Kudamm Kreuzbergs« in Höhe der Baumkronen mit bunten Wimpeln geschmückt – das neue Markenzeichen des Bergmannkiezes. Mir gefällt das. Die Anwohner sagen: »Es soll ein Gefühl der Verbundenheit ausdrücken.«

Die Idee entstand anläss­lich des jähr­li­chen Straßenessens Lange Tafel, eine 2006 von der Schauspielerin Isabella Mamatis initi­ierte soziale Aktion. Ziel ist die Kinder- und Jugendförderung sowie der Ausbau vorhan­dener sozialer Ressourcen im Kontakt mit der älteren Bevölkerung: Beim Pastamahl an einer langen Tafel kommen die Generationen ins Gespräch.

In Hof der Bergmannstraße 102 – der Heimat von FSI, FontShop, fStop und FontFont – eröffnet morgen ein neuer dm-Drogeriemarkt, die Wohlfühl- und Service-Alternative zu Abtörnern à la Schlecker & Co. Die Innenarchitektur ist wegwei­send und kunden­freund­lich, das Sortiment  viel­ver­spre­chend: Digitalfotoservice, Mobilfunk und Prepaid, Haushalt, Müslis, Getränke, Hautanalysestation, Arzneimittelbestellung und -abho­lung, medi­zi­ni­sche Schuheinlagen, Feinstrümpfe, Socken – ich werde Stammkunde.

Ach so, ja: In der Bergmannstraße hängen die spek­ta­ku­lärsten Wahlplakate der Republik. Angefangen vom Busenplakat (Merkel/Lengsfeld, CDU) über Gerd Seyfried (Christian Ströbele, Grüne) bis hin zum »bissjen verrückten« Nachwuchspolitiker (Björn Böhning, SPD).


Infografik: Dein Online-Genom in 60 Sekunden

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Personas is a compo­nent of the Metropath(ologies) exhibit, curr­ently on display at theMuseum by the Sociable Media Group from the MIT Media Lab. It uses sophisti­cated natural language proces­sing and the Internet to create a data portrait of one’s aggre­gated online iden­tity. In short, Personas shows you how the Internet sees you.

Enter your name, and Personas scours the web for infor­ma­tion and attempts to charac­te­rize the person – to fit them to a prede­ter­mined set of cate­go­ries that an algo­rithmic process created from a massive corpus of data. The compu­ta­tional process is visua­lized with each stage of the analysis, finally resul­ting in the presen­ta­tion of a seemingly autho­ri­ta­tive personal profile.

Die Komponenten mili­tary und illegal in meinem Online-Genom machen mir Sorgen.


PdW 34: The Big Book of Logos 5, 46,00 19,00 €

Ein Großteil der rund 2500 vorge­stellten Logos wurde im Rahmen des »Logo 07«-Wettbewerbs einge­reicht. Es handelt sich nicht um eine sterile Logo-Schau, sondern es werden neue, reale Logos gezeigt, also keine fiktiven Selbstaufträge. Daher sieht man viele im Einsatz foto­gra­fisch abge­bildet: auf Packungen, Visitenkarten, in Schaufenstern, an Hauswänden auf Anzeigen und Plakatwänden.

Die Beispiele stammen aus allen Teilen der Welt und allen Industriezweigen. Als Musterbuch im Rahmen eines Briefinggesprächs leistet das PdW wert­volle Dienste, weil die Bandbreite der gezeigten Logos groß ist und ein Kunde schnell seine favo­ri­sierte Richtung finden kann. Der 380-Seiten-Wälzer kostet als Produkt der Woche nur noch 19,00 statt 46,00 € (zzgl MwSt., versand­kos­ten­frei). Zur Bestellseite …