Fontblog Artikel des Jahres 2009

Gedanken zu Halloween

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Für die aktu­elle Ausgabe des Magazins The New Yorker hat der Comic-Künstler Chris Ware ein Titelillustration zum Thema Halloween gezeichnet. Sie zeigt, wie eine Trupp Kinder am Hauseingang ihr Süßes-oder-Saures-Schauspiel aufführt, während die Eltern im Dunklen warten, ihre Gesichter gespens­tisch ange­leuchtet vom Bildschirm ihrer iPhones. Im Inneren des Heftes findet sich die ganze Geschichte (»Unmasked«) auf 4 Seiten, die auf der Webseite des New Yorkers in guter Auflösung nach­zu­lesen ist: ein Halloween-Familienepisode, mit einem über­ar­bei­teten Vater, einer flie­henden Mutter, die sich nach Anerkennung sehnt … ach, lest selbst. (via CR und magcul­ture; © The New Yorker)


Der Kalender, dem wir vertrauen

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Die Meinungen über sog. Designkalender gehen ausein­ander. Weil wir beob­achtet haben, das Freunde und Kollegen »boden­stän­dige Lösungen« bevor­zugen oder suchen, kam der Taschenkalender des Münchener Papierhändlers Carta Pura wie gerufen. Es ist eine Eigenproduktion, mini­ma­lis­tisch gestaltet und mit Deutsch als einziger Sprache. Als Innenpapier wählte Carta Pura das bewährte Salzer Werkdruck. Der Einband ist mit dem hand­be­ar­bei­teten Japanpapier Urushi gefer­tigt, dessen schwarze Ausführungen exklusiv für diesen Kalender herge­stellt werden.

Der Kalender zeigt 1 Woche pro Doppelseite und ist mit einer Einteilung versehen, die auch dem Wochenende und allge­meinen Wochennotizen Raum gibt. FontShop bietet ihn in drei Umschlag-Ausführungen an: rot-schwarz, schwarz glatt und schwarz struk­tu­riert. Der Taschenkalender im Formst 9 x 15 cm kostet je 9 € (zzgl. MwSt). Zur Bestellseite bei FontShop …


20 Jahre FontShop

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Im Herbst 1989 wurde FontShop von Joan und Erik Spiekermann gegründet. In den kommenden 3 Wochen möchte wir den runden Geburtstag unseres Hauses mit den Fontblog-Lesern feiern. Den roten Faden der Feierlichkeiten stellt die Aktion 20 Tage – 20 Produkte – 20 Prozent (FS20)dar: Ab dem 1. November präsen­tiere ich hier täglich eines unserer Lieblingsprodukte aus den zurück­lie­genden 20 Jahren, das es dann bis einschließ­lich 20. November 20 % güns­tiger geben wird. Achtung: Die Aktion läuft auch am Wochenende.

Ich darf schon mal verraten, dass wir keine Kosten und Mühen gescheut haben, auch lange vergrif­fene Artikel wieder zu beschaffen. So ist es beispiels­weise dem von uns beauf­tragten Privatdetektiv Gerd Heidemann gelungen, eine in den Alpen verschol­lene Lieferung unserer legen­dären ShopShop-Produkte aufzu­spüren. Er fand sie auf dem Dachboden eines Bergbauern, der sie vor 15 Jahren aus dem Wrack eines abge­stürzten Lieferwagens barg. Endlich wissen wir, warum die Lieferung von Berlin zum FontShop Österreich nach Wien nie ankam. Das Konvolut kostete uns einen 6-stel­ligen Betrag, denn der Bauer war schlau und fand im Internet heraus, das ShopShop-Produkte auf Kunstauktionen Höchstpreise erzielen. Damit dürfte jetzt Schluss sein, denn wir werden die Produkte zum alten Preis (umge­rechnet in Euro) minus 20 Prozent anbieten.

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Wieder aufge­trieben: eine verschol­lene Lieferung der legen­dären ShopShop-Geschenkartikel

Sicherlich wird mir zu dem einen oder anderen Produkt eine Anekdote aus FontShops Geschichte einfallen, die ich dann gerne hier erzähle. Oder ich stelle eine Rätselfrage, zum Beispiel: In welcher Straße befand sich das erste FontShop-Büro? Dort entstand das Foto unten. Es zeigt unsere lang­jäh­rige Geschäftsführerin Joan Spiekermann mit einem Fontpaket in der Hand (damals wurden Schriften auf 3,5″-Disketten gelie­fert). Links und im Hintergrund sehen wir Werbetafeln eines Messestandes, der für eine grafi­sche Fachveranstaltung gebaut wurde.

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FontShop-Geschäftsführerin Joan Spiekermann 1989

Die visu­elle Klammer der FS20-Aktion entwarf unser Freund Frank Grießhammer, der zur Zeit in Den Haag studiert. Ab Sonntag (1. November 2009) erscheint auf der Homepage von www​.font​blog​.de seine Animation, die aus einem Raster von 20 »leeren« (= unbe­schrif­teten) FontShop-Logos aufge­baut ist. Auf dieses Raster hat Frank eine Schrift gepi­xelt, die nicht nur extrem breite Buchstaben hat, sondern auch noch kursiv ist, mit anderen Worten: krank und unbrauchbar. Das dachten wir uns auch damals beim Erscheinen der ersten eigenen FontShop-Schrift, der Random-Schrift Beowolf (heute als OpenType-Version erhält­lich), geschaffen von Just van Rossum und Erik van Blokland. Sie wurde ein Hit.

Ich möchte diese Schrift gerne verschenken. Also habe ich Frank eben mal eine Mail geschickt, und um Erlaubnis gefragt. »Im Prinzip ja«, meinte er, zwei­felte dann aber an der Qualität und bekam weiche Knie, weil »in der Typo-Welt immer so scharf kriti­siert wird.« Da klopfte ihm sein Lehrer, der eben erwähnte Erik van Blokland auf die Schulter und meinte: »Mach Dir nicht so viele Gedanken – raus damit.«

Was für ein wunder­barer Anfang für unsere Aktion, und diese Geschichte ist sogar wahr, im Gegensatz zur frei erfun­dene Alpen-Anekdote. Doch die ShopShop-Produkte wird es tatsäch­lich geben.

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Beta-Version der Jubiläumsschrift Zwanzig Jahre FontShop Extra Expanded Extra Bold, entworfen von Frank Grießhammer, demnächst hier kostenlos im Download … ich suche gerade noch einen Freiwilligen, der mir die Hinterleger als OpenType-Feature programmiert.


Die neue Ausgabe von »Froh!« ist da …

… und sie gefällt mir sehr gut. Ihr Thema: Wenden. Das 84-seitige Magazin nimmt den 9. November zum Anlass, um von Menschen zu erzählen, bei denen sich alles gewendet hat. Und von Orten, an denen das Wunder passiert und die Geschichte neu geschrieben wird. Die Arbeit an Wenden hat das Redaktionsteam die letzten 5 Monate beschäftigt.

Wie der bereits Titel vermuten lässt, ist Froh! ein lebens­be­ja­hendes Magazin. Dies drückt sich sowohl in den Themenwahl, als auch in der ruhigen Gestaltung aus, die mir ausge­spro­chen gut gefällt. Keine Spur von Eitelkeit und trotzdem selbstbewusst.

Froh! nennt sich »Gesellschaftsmagazin«. Neugierig greift es beson­dere Ereignisse des Jahres auf und beleuchtet Fragen und Themen hinter diesen Anlässen. Die Beitragenden schenken dem Magazin nicht nur ihre Texte und Bilder, sondern den Lesern auch neue und über­ra­schende Blickwinkel. Die sorg­fäl­tige Komposition von Beiträgen aus Kultur, Gesellschaft, Spiritualität und nach­hal­tigen Lebenskonzepten sowie die ruhige Gestaltung ergeben ein hoch­wer­tiges Magazin, das nicht nur Froh! heißt, sondern auch froh macht. Hier mehr erfahren: www​.froh​ma​gazin​.de


Google-Karten (typo)grafisch verfeinert

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Nach rund 5 Jahren hat Google Maps die Ausarbeitung der Landkarten und Stadtpläne über­ar­beitet. Ziel des Redesigns war, den Informationsgehalt zu erhöhen, ohne die Übersicht zu verlieren. Im Blog des Google-Maps- und -Earth-Teams zeigt der User-Experience-Designer Jonah Jones anhand einiger Beispiele, warum klei­nere Straßen jetzt besser sichtbar sind, dezen­tere Farben mehr Ruhe bringen und die Beschriftungen (fast) auf die weißen bzw- schwarzen Konturen verzichten können. Mehr im Google-Maps- und -Earth-Blog …


Das neue Commerzbank-Logo …

… und seine Vorgeschichte(n).

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Die Commerzbank hat heute ihren neuen Markenauftritt vorge­stellt, der Elemente der Commerzbank und der Dresdner Bank sichtbar zusam­men­führt. Aus dem grünen »Band der Sympathie« der Dresdner Bank (siehe auch Fontblog-Beitrag Commerzbank über­nimmt Logo der Dresdner) ist tatsäch­lich ein gelbes, drei­di­men­sio­nales Band geworden. Die Wort-Bild-Marke besteht aus 2 Elementen: dem Namen »Commerzbank« in neuer Schrift (Design: Lucas de Groot) und dem drei­di­men­sio­nalen Band. Je nach Anwendung erscheint darunter zusätz­lich das neue Markenversprechen »Gemeinsam mehr errei­chen«. Verantwortlich für das Rebranding ist MetaDesign, Berlin.

»Eine neue Bank muss auch nach außen erkennbar neue Zeichen setzen. Für uns war es zudem wichtig, dass alle Kunden ihre bishe­rige Bank in der neuen Bank wieder­erkennen. So nutzen wir das Markenguthaben beider Häuser«, sagte Martin Blessing, der Vorsitzende des Vorstands der Commerzbank heute anläss­lich der Premiere in Frankfurt am Main. Man verstehe sich als Hausbank, dazu gehöre, dass das neue Geldinstitut lang­fristig orien­tierte Beziehungen aufbaue.

Alle bishe­rigen Commerzbank- und Dresdner Bank-Filialen werden ab dem zweiten Quartal 2010 unter dem Namen Commerzbank geführt. Die zentralen Serviceleistungen werden dann in allen Filialen ange­boten. Die Kunden werden so prak­tisch keinen Unterschied mehr zwischen ehema­ligen Filialen der Commerzbank und der Dresdner Bank bemerken.

Präsentationen von heute als PDF:
Eine starke Marke defi­niert sich neu
(Richard Lips, Bereichsvorstand Group Communications)
Ein Name, ein Zeichen, eine Bank (Ulrich Sieber, Vorstand)
Pressemitteilung zum neuen Markenauftritt

Die Geschichte der Marke Commerzbank

geschichte_commerz_logosSeit über 30 Jahren prangte das Symbol auf Briefköpfen und Anzeigen, Broschüren und Leuchtreklamen der Bank. Als »Quatre vents«, das heißt vier Windrichtungen, war es einer stili­sierten Windrose nach­emp­funden und bestand aus vier Winkeln, die mit den abge­run­deten Spitzen nach innen wiesen und im Halbrund über einem Kreis ange­ordnet waren.

Entstanden war das Zeichen zu Beginn der sieb­ziger Jahre, als die Commerzbank mit euro­päi­schen Partnerbanken eine Kooperation verein­barte. In mehreren grenzüberschreitenden Untersuchungen schälte sich das von einer fran­zö­si­schen Agentur entwi­ckelte »Quatre vents« als ideales Symbol der neuen Bankengruppe Europartners heraus. Bei seiner Vorstellung erläu­terte die Commerzbank im
Dezember 1972, dass das Zeichen »die welt­of­fene Dynamik unserer Bank und unserer Partnerinstitute gut zum Ausdruck bringt. Darüber hinaus soll es konzen­trierte Kraft und viel­fäl­tigen Kundendienst symbolisieren.«

Als Farbe des Zeichens wählte man damals schwarz oder kobalt­blau auf gelbem Hintergrund, der Hausfarbe der Commerzbank. Dies war eine Konzessionsentscheidung, denn in der dama­ligen Aufbruchstimmung verzich­tete die Commerzbank auf ihr gut einge­führtes Logo: einem C, auf dem sich die Flügel Merkurs befanden. Merkur oder Mercurius war der römi­sche Gott des Handels und des Gewerbes sowie der Diebe, der vor allem in der Spätantike mit dem grie­chi­schen Hermes gleich­ge­setzt wurde. Der Sohn des Zeus und der Nymphe Maia wurde oft als Götterbote mit Flügelschuhen und -helm sowie Heroldsstab abge­bildet. Als Gott war Hermes zuständig für die Reisenden und Kaufleute.

Das C mit den Merkurflügeln hatte die Bank im Jahr 1940 gleich­zeitig mit der Namensänderung in Commerzbank Aktiengesellschaft eingeführt. Während der neue Name ledig­lich der Tatsache Rechnung trug, dass die Bank in der Öffentlichkeit ohnehin bereits so bezeichnet wurde, dürfte die Kreation eines indi­vi­du­ellen Zeichens eine Folge der zuneh­menden Bedeutung des Marketings im Bankensektor gewesen sein. Mit den Merkurflügeln betonte die Commerzbank, die vor allem von Hamburger Kaufleuten und Privatbankiers errichtet worden war, ihre hansea­ti­sche Herkunft und den Zweck ihrer Gründung: die Finanzierung des Handels insbe­son­dere im Dienste mittel­stän­di­scher Unternehmen.

Auch die 1952 entstan­denen drei Nachfolge-Institute der Commerzbank nutzten diese Merkurflügel für ihren öffent­li­chen Auftritt in der Nachkriegszeit. Eines dieser Institute, der Bankverein Westdeutschland in Düsseldorf, warb sogar mit einer Merkur-Statue.

Bei der Suche nach den ersten Logos der Bank, stößt man auf die Kürzel CDB und CPB. Diese leiten sich von den Anfangsbuchstaben der füüheren Bezeichnungen Commerz- und Disconto-Bank (vor 1920) bzw. Commerz- und Privat-Bank (von 1920 bis 1940) ab. Die Buchstaben wurden mitein­ander verflochten und häufig von einem Kreis umschlossen, auf dem der Name der Bank stand. Ursprünglich nutzte man zu Beginn dieses Jahrhunderts die rot-schwarzen Embleme auf Siegelmarken, um Briefumschläge sicher zu verschließen. Im Laufe der zwan­ziger und drei­ßiger Jahre fand die Kombination CPB auch Eingang in die allge­meine Selbstdarstellung der Bank.

Viele Verbraucher dachten bei dem zuletzt verwen­dete Zeichen »Quatre vents« zuerst an die Sonne. Ihre posi­tive Ausstrahlung kam dem Ziel der Bank entgegen, sich als kompe­tenter und sympa­thi­scher Partner der Kunden zu posi­tio­nieren. Daher entstand 1984 in der Werbung der Bank die »Sonnenkampagne«. Das Kobaltblau im Logo verschwand zuse­hends. Neben der Farbe Schwarz wurden beim Logo nun verstärkt Grautöne und vor allem Gelb einge­setzt. Gelb hat sich bereits in den fünfziger Jahren als Hausfarbe der Commerzbank heraus­kris­tal­li­siert, nicht zuletzt weil Gelbtöne über eine hohe Signalwirkung verfügen und insbe­son­dere mit Sympathie und Wärme asso­zi­iert werden.

Alle Abbildungen und Logo-Historie: Commerzbank AG


Herunterhandeln, nein Danke!

Dieses Video ist eine wunder­bare Ergänzung zum Lehrfilm Wenn zu viele in die Gestaltung rein­quat­schen. Außerdem hatte ich schon mal so etwas wie Die 10 häufigsten Ausreden gegen­über Designer veröf­fent­licht, kann es aber partout nicht mehr finden.


Was der Web-Font-Service von Typotheque kostet

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Mit einem inter­es­santen Servicekonzept lizen­ziert das hollän­di­sche Schriftenhaus Typotheque (Johanna und Peter Bil’ak) seine komplette Font-Bibliothek für die Gestaltung von Internetseiten. Das Abonnementsystem erlaubt den Designern von Webseiten die CSS-Regel @font-face einzu­setzen, durch die alle verwen­deten Fonts (verschlüs­selt) über einen sicheren Typotheque-Server an die Empfänger der Webseiten gelie­fert werden. Da @font-face von fast allen Browsern unter­stützt wird (Internet Explorer, Firefox, Safari und Opera), können über 95 % der Internetgemeinde solche Seiten genau so sehen, wie sie der Entwerfer einge­richtet hat.

Typotheque offe­riert drei Wege der Lizenzierung: Trial (30 Tage; kostenlos), Web und Volllizenz. Die Preise für die Volllizenz entspre­chen den bishe­rigen Lizenzkosten, eine reine Web-Lizenz kostet 1/5 davon. Die monat­liche Bandbreite für den Zugriff auf den Typotheque-Web-Font-Server beträgt 500 MB/Font, das entspricht laut Typotheque ca. 27.700 Seitenzugriffen; mit jeweils 1 € lässt sich die Bandbreite um je 1 GB erweitern.

Ein Rechenbeispiel. Angenommen ich möchte hier im Fontblog die Schriftfamilie Fedra Sans einsetzen und damit keine Drucksachen erstellen, dann kostet die Weblizenz für die komplette Familie (1 User) 138,– € (zum Vergleich: Vollizenz 690 €; alle Preis zzgl MwSt). Meine monat­li­chen Betriebskosten errechnen sich wie folgt:
4 Fonts (Reg, Italic, Bold, Bold Italic), teil­weise einge­bettet für die deut­sche Sprache, ergeben eine durch­schnitt­liche Datenmenge von 20 K/Font (Original-Font-Größe: 490 KB), macht zusammen 4 x 20 = 80 K pro Seitenaufruf. In den zurück­lie­genden 4 Wochen haben Fontblog-Besucher 400.000 Seitenzugriffe verur­sacht. Das entspricht einem @font-face-Traffic von 400.000 x 80 K= 32 GB. Da ich pro Font 500 MB Freivolumen habe, also 2 GB, betrügen meine monat­liche Kosten demnach 30,– €.

Weitere Informationen: typo​theque​.com/​w​e​b​f​o​nts