Vorschussbetrug: 36 Fälle, wunderbar illustriert
Die Kripo nennt es Vorschussbetrug, in der Web-Gemeinde spricht man von der »Nigeria Connection«, der englische Ausdruck dafür ist Scam (= Beschiss): In E-Mails behauptet der Absender, Kenntnisse von Konten ehemaliger Machthaber oder Großkonzerne in Entwicklungsländern zu besitzen und nun die Hilfe des Mailempfängers zu benötigen, um die Millionensummen ins Ausland zu transferieren. Die dafür in Aussicht gestellten Provisionen im zweistelligen Prozentbereich locken die Opfer, im Vorfeld Gelder zu bezahlen. Die Betrüger gehen dabei sehr professionell mit gefälschter Bankkorrespondenz und Zertifikaten vor. Vorschussbetrug per Briefpost ist schon seit dem 16. Jahrhundert bekannt. Populär die Masche mit dem Aufkommen von Fax und Internet Mitte der 1980er Jahre.
Aus Wikipedia: »Obwohl die Geschichten, die in den Betrugsbriefen erzählt werden, fantastisch und völlig unglaubwürdig sind, fallen immer wieder einzelne Menschen und sogar staatliche Stellen auf diese Masche herein. So zahlte die Stadt Ennigerloh 2001 einem Sozialhilfeempfänger 145.000 €. Er hatte den Bürgermeister durch einschlägige Dokumente von einem angeblich in Afrika festsitzenden Vermögen von 34 Mio. € überzeugt und versprochen, ein Vielfaches des Vorschusses an die Stadt zurückzuzahlen, sobald er an sein Geld gekommen sei. In der Folge dieser Vorkommnisse verlor der Bürgermeister sein Amt und musste sich wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder vor Gericht verantworten.«
Der Berliner Illustrator Henning Wagenbreth (sehr anregende Webseite; Entwerfer von FF Prater … im Fontblog-Portrait) hat soeben ein Buch veröffentlicht, in dem er 36 solcher absurder Scam-Mails präsentiert und illustriert. Es heißt »Cry for Help« (hier bei FontShop zu bestellen). Aus dem Klappentext: »Damit diese tragikomische Episode der Cyberkriminalität nicht in Vergessenheit gerät, versammelt ›Cry for help‹ 36 dieser kleinen bösen Meisterwerke.« Das BerlinDesignBlog weiß in diesem Zusammenhang von einer interessanten Präsentation in Berlin: »Am Freitag, den 12. 01. 2007 findet ab 19:00 Uhr wieder eine Ausstellungseröffnung bei den Bildschönen Büchern (Kollwitzstraße 53) statt. Henning Wagenbreth zeigt alle Linolschnitte aus seinem neuen Buch ›Cry for Help‹ und andere Arbeiten.« Hingehen!
Fontblog per Widget lesen
Ralf Herrman hat eine Überraschung für Fontblog-Leser auf Lager, die am Mac arbeiten. Wer diese Seite nicht direkt besuchen möchte oder keinen RSS-Reader verwendet, kann den Fontblog jetzt in einem Widget empfangen: schnell und elegant, ohne Abbildungen, was unterwegs (teure Hotel-Einwahl oder Handy-Connection) von großem Vorteil sein kann. Auf dieser TypoWiki-Seite liegen das Fontblog-Widget und weitere Typo-Widgets zum Download bereit. Sofortiger Download …
Interaktive Font-Familien-Herstellung mit Superpolator
Jahrelange Entwicklung stecken in einer neuen Software, die erstmals als Stand-alone-Programm (Macintosh Cocoa OS X) angeboten wird: Superpolator 2. Bislang war das Schrift-Interpolations-Tool als Python-Bibliothek verfügbar.
Die Superpolation fasst ihr Entwickler Erik van Blokland in folgende Punkte zusammen:
• partielle Master: eines oder mehrere Zeichen definieren, die anderen dazwischen »fliegen lassen«
• Animation: durch den Designraum schweben und die Schrift atmen sehen
• Multi-line-Vorschau: interaktive Auswahl von Zuständen
• multidimensionale Designräume
• Interpolation von Kerning und Font-Metriken
• Duzende von Master-Entwürfen und Hunderte von Zuständen managen
• nette Farben
Beispiele ansehen, über den Workflow, Beispiel, Preis: 250,– €
Grüße aus Dresden (2): Tablettenshop u. a.
Ich glaube, ich sehe nicht richtig … Sollte es in Dresden tatsächlich einen Wettbewerb bei Medikamenten geben? Wird das die Zukunft des freien Arzneimittelmarktes? Irgendwie komisch, wenn er von den Apotheken selbst inszeniert wird. Den »Tablettenshop« findet man als Filiale der Apotheke im Kugelhaus am Wiener Platz, gegenüber vom Hauptbahnhof. Es gibt viele Bestseller-Medikamente zum halben Preis. Und das sogar noch um 20:00 Uhr abends. Seltsames Experiment. Ich will auch so einen Pillenladen in Berlin.
Während einer Stadtrundfahrt im Doppeldeckerbus erblicke ich das Filmplakat von »Mein Führer«: Helge Schneider als Adolf Hitler. Wäre ein ähnlicher Film in Deutschland vor 70 Jahren entstanden, würde das alte Dresden noch stehen … ach nee, so einfach ist das nicht.
Habe heute in der »Welt« gelesen, dass sich Schneider vom Film distanziert. So einfach geht das nicht, Helge. Nur weil Dir der Schnitt des fertigen Films missfällt, kannste jetzt nicht kneifen. Schon gar nicht, wenn Du die PR-Lawine rund um den Film für Deine eigenen Produkte (neues Buch, neue Platte und aktuelle Tour) nutzt.
Dieses Foto widme ich Juli Gudehus; sie weiß warum. Das Herrentoupet erinnert mich gleich wieder an Helge Schneider und Hitler (aufgenommen in der Wilsdruffer Straße).
Eine kleine Sensation war der Besuch des frisch renovierten Hauptbahnhofs. Wir näherten uns dem Gebäude von der Seite (Wiener Platz) und stoßen als erstes auf die Ruine des ehemaligen separaten Eingangs für die sächsische Königsfamilie, der später zum Kino umgebaut wurde. Bald soll er als neuer Eingang für die Reisenden des Zentralen Omnibus Bahnhof am westlichen Ende des Wiener Platzes dienen.
Der Dresdner Hauptbahnhof wurde als einer der letzten großen Deutschen Bahnhöfe von der Deutschen Bahn AG saniert (Architekt: Sir Norman Foster). Er bekam anstatt eines Glasdaches ein neues Membrandach, einem Material aus äußerst reißfesten Gewebe (Teflon/Glasfaser). Die Farbe des transluzente Materials ist weiß. Es lässt je nach Sonnenintensität verschiedene Farbtöne des Tageslichtes durchscheinen oder reflektiert es auf der Außenseite. Direkt über den eisernen Hallenbögen spaltet sich das zeltartige Dach zu schmalen Schlitzen, die den direkten Blick zum Himmel freigeben.
Links und rechts von der Eingangshalle (Sandstein-Look) befinden sich die großen historischen Warteräume (Backstein), die heute dem Reisezentrum sowie einem Supermarkt und einem großzügigen, zweistöckigen Bistro Platz bieten. Sie wurden, zusammen mit der Mittelhalle, im Juli 2006 eröffnet.
Ich bin sehr beeindruckt von der Mischung aus alt und neu.
Grüße aus Dresden (1): Ampelmädchen u. a.
Der Fontblogger macht Urlaub mit seiner Familie: 4 Tage Dresden. Habe schon am ersten Tag das ein oder andere Fontnäpfchen eingefangen. Wusstet Ihr, dass es einen funktionierenden politische korrekten Gegenentwurf des Ampelmännchen gibt? Ich habe es heute gesehen, das Ampelmädchen.
Sigrun Anderßen hat eine Boutique in der Bautzner Straße und ist Stolz darauf, die Regeln für den Gebrauch des ß beim Versalsatz zu brechen.
Damit nicht genug: Sie hat auch ein Symbol für die Mehrzahl von Prozent erfunden … Hier gibt es also Prozente.
iF: Designwettbewerbe im Vergleich
Heute hatte ich eine erhellende Lektüre in der Post, herausgegeben vom iF (International Forum Design, Hannover). Das iF ist vor allem bekannt durch den seit 1954 jährlich ausgerichteten iF design award. Er zählt zu den bedeutendsten Designwettbewerben der Welt und verzeichnet in jedem Jahr mehr als 1.800 Anmeldungen aus 30 Ländern.
Wahrscheinlich weil jährlich neue Designwettbewerbe ins Leben gerufen werden, bemüht sich iF um Aufklärung. Das 40seitige Heftchen bietet eine 10-Punkte-Checkliste, mit der man Wettbewerbe auf den Zahn fühlen kann. Darüber hinaus setzt es die eigenen Kriterien detailliert denen andere Wettbewerbe gegenüber, darunter die des Designcenter Stuttgart, Red Dot, Rat für Formgebung (war mehrere Wochen Thema im Fontblog), IDSA (USA) und vier weitere.
So erfährt man, dass die Kosten pro Einreichung zwischen 447,50 € (Red Dot Junior Award) und 3.607,– € (Rat für Formgebung) liegen können.
Ich nehme an, von der kostenlosen Broschüre stehen noch einige Exemplare zur Verfügung: iF, Messegelände, 30521 Hannover.